„Deine digitale Identität hat drei Schichten und Du selbst kannst nur eine davon schützen“, schreibt die polnische Bürgerrechtlerin Katarzyna Szymielewicz bei Quartz.com.
Die erste Schicht Deiner digitalen Identität ist all das, was Du aktiv im Netz veröffentlichst. Deine Tweets, Likes, Share, Kommentare usw.
Die zweite Schicht sind die Daten, die darüber hinaus über Dein Verhalten eingesammelt werden – durch die Diensteanbieter selbst oder durch Tracking-Services. All die Klicks, die Zeiten zwischen den Klicks. Welche Inhalte hast Du Dir angeschaut. Welche Werbung dir angezeigt wurde, was Du angeklickt, was Du ignoriert hast. Wann warst Du aktiv, wann bist Du passiv. Welche Apps benutzt Du? Was für einen Computer, was für ein Smartphone nutzt Du? Mit wem hast Du Kontakt?
Der digitale Schatten
Die dritte Schicht ist das, was dann aus all diesen Daten gemacht wird. Für was für einen Menschen hält Dich Google? Für wen halten dich all die Dienste, die diese Daten zusammenklauben und zusammenkaufen? Was hat dieser digitale Schatten tatsächlich mit Dir zu tun? Was bedeutet es, wenn dieser Schatten dir tatsächlich ähnelt? Was bedeutet es für Deine Chancen, einen Kredit oder eine Wohnung zu bekommen, dass dieser Schatten dir nicht ähnelt?
Wer sich einmal anschauen möchte, wie man aus relativ wenig Meta-Daten komplexe Ableitungen tätigen kann, sollte sich noch einmal David Kriesels Vortrag vom 33C3 anschauen. Was kann man da erst zusammensammeln, wenn man überall seine Sensoren im Netz hat – wie es etwa Google, Amazon oder Facebook haben?
Schutz ist praktisch unmöglich
Wie extrem schwer es ist, auch nur den größten fünf Datensammlern im Netz zu entgehen, hat die Reporterin Kashmir Hill neulich erst bei Gizmodo gezeigt. Sie hat nur versucht einen nach dem anderen zu entgehen – ob man allen gleichzeitig überhaupt noch entgehen kann, ohne komplett auf das Internet zu verzichten, steht noch zu beweisen.
Mein Pi-Hole hat sich in den letzten Tagen eingependelt bei rund 50%. Die Hälfte aller DNS-Anfragen aus meinem Heimnetz sind Tracker, die das System abblockt, ohne dass ich in der Praxis etwas merke. Alle Websites werden problemlos geladen. Alle Dienste funktionieren. Die meist geblockten Domains sind von Google, Amazon und Microsoft.
Die nächste Verteidigungslinie ist dann im Browser, wo ich hoffe, dass „Do-Not-Track“ zumindest vom einen oder anderen Tracker respektiert wird. Das Plugin Privacy Badger erkennt die Tracker, die noch durch das Pi-Hole kommen und blockiert die. Außerdem soll der neueste Firefox selbst auch noch einmal die aufdringlichsten Tracker abwehren.
Das Surfen im Internet ist zu einem unmöglichen Abwehrkampf gegen übergriffige Tracking- und Überwachungs-Dienste geworden.
Die Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) scheint erst einmal keine Abhilfe zu schaffen. So tief verschachtelt sind die Nutzungsbedingungen, dass man gar nicht weiß, an wen man sich wenden sollte. Der eigentliche Datenschutz wird dadurch ausgehebelt und das Internet für die Datensammler zum rechtsfreien Raum.
Katarzyna Szymielewicz setzt nichtsdestotrotz Hoffnung in die DSGVO. Sie meint, dass auf Basis des europäischen Datenschutzes neue Formen vertrauenswürdiger Geschäftsmodelle entstehen könnten, die den Menschen nicht sagten wie sie sind, sondern auf das hörten, was sie sagen.
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