2007, 2008, 2009, 2010, 2011 – jedes Jahr gibt es ein neues iPhone. Und jeder, der etwas auf sich hält, muss die neueste Version des Telefons haben. Wer noch eines dieser runden Modelle aus der Anfangszeit hat, wird belächelt. Dabei war der Lebenszyklus eines Telefons vorher – gebunden an den Sponsoring-Zyklus der Mobilfunkanbieter noch zwei Jahre. Das ist natürlich kein Apple-Phänomen. Aber bei Apple fällt es mehr auf, weil Apple mehr Show drum macht und die iPhones immer schon künstlich etwas schlechter waren als der aktuelle Standard: Das iPhone 1 konnte nicht einmal UMTS und die Kamera mit mickerigen 2 Megapixeln war softwareseitig nicht in der Lage zu filmen. „Stop shipping hardware products that are only ‚beautifully designed,’ “ fordert Designer Wells Riley mit Blick auf die mangelnde Nachhaltigkeit dieser Produkte.
Die Lösung ist natürlich nicht, Mobiltelefone herzustellen, die ein Leben lang halten. In einem Vortrag bei Google erzählt der Autor Cory Doctorow eine Anekdote über USB-Sticks und Macs, die hergestellt wurden, um ewig zu halten. Und die einfach technisch nach kürzester Zeit veraltet sind. Für den 10 Jahre alten Mac kann man heute nicht einmal mehr den speziellen LAN-Anschluss kaufen, den Apple sich damals ausgedacht hat und mit dem eingebauten 56K Modem will heute niemand mehr surfen. Da hilft auch kein Collaborative Consumption. Daraus haben die Hersteller gelernt. Heute stellen sie Geräte her, die gar nicht mehr so lange halten sollen. Wells Riley schreibt:
„Heck, when Google announces a new one next year, the whole 2012 revision of Nexus Q’s will be obsolete. That’s an expected product lifecycle of 365 days, or 330 days if you count on Google announcing a new one before July 2013. What the heck is a Google Nexus Q should be made out of cardboard: It’s already being made in the USA, so why not? Cardboard can do some beautiful and amazing things. If cardboard ‘aint your cup of tea, plant fiber is another great choice. Wicker? Terra-cotta? Ceramics?“
Möglich sind diese kurzen Lebenszyklen zu diesem niedrigen Preis natürlich nur, weil wir (mit Ausnahme des Nexus Q) die Produktion in Länder verlegt haben, in denen die Menschen nichts verdienen: „Overworked, underpaid workers ostensibly liberated by the largest socialist revolution in history (China’s) are driven to the brink of suicide to keep those in the west playing with their iPads,“ schreibt Stuart Jeffries im Guardian.
Nachhaltigkeit: Ökologie + Ökonomie + Soziales
Nachhaltig kann man nur mit Produkten Geld verdienen, bei denen auch soziale und ökologische Faktoren beachtet werden. Wir dürfen uns nicht weiter vormachen, dass all diese Geräte irgendwo aus der Wand fielen. Sie werden meist in autoritären Staaten von Menschen unter Bedingungen hergestellt, die wir in Deutschland aus gutem Grund verboten haben. Und schon gar nicht sollte man sich vormachen, dass von teureren Geräten mehr Geld bei den Arbeiterinnen und Arbeitern bliebe.
Nachhaltige Elektronik ist also nicht nur umweltverträglicher, in dem die Firmen schädliche Substanzen in den Geräten ersetzen, bei der Herstellung Energie sparen oder die Geräte zwecks Recycling zurücknehmen. (Wobei Recycling meistens Downcycling ist.) Vor allem aber muss das Produktdesign cleverer werden: Bei einem klassischen Komponenten PC war es immer möglich einzelne, veraltete Teile zu ersetzen. Wenn der Prozessor zu langsam war konnte man sich einen neuen Prozessor kaufen. Wurde dann die Grafikkarte zu langsam, hat man die ersetzt. Bei Mobiltelefonen musste man zu Anfang vor allem ab und zu mal den Akku ersetzen, während der Rest des Telefons noch aktuell war. Der GSM-Teil der alten Telefone ist im im Prinzip heute noch aktuell. Doch statt die Geräte modularer zu machen, werden heute sogar die Akkus mit ins Plastikgehäuse eingeschweißt.
In ihrem Vortrag auf der Konferenz Sustainable IT 2007 beschreibt Sarah Bormann, welche Hürden es auf dem Weg zur Nachhaltigen IT gibt und welche Schritte dahin genommen werden können: Einen großen Impuls erwartet sie von einer sozial-ökologischen Beschaffungspraxis sowohl bei der öffentlichen Hand als auch bei Unternehmen.
Zum Teil ist das Problem, das Wells Riley beschreibt ein amerikanisches: In Deutschland werden die Geräte dankt des Elektroschrottgesetzes nicht mehr deponiert. Insofern hat hier der Gesetzgeber schon vorgelegt. Die Produkte allerdings werden in der Regel in den USA, entsprechend der dortigen Kultur entworfen. Aber nachhaltige Lösungen sind immer auch wirtschaftliche Lösungen. Hersteller sollten ein Interesse daran haben, Alternativen zu entwickeln. Und gerade der Android-Markt bietet Platz für sozial-ökologische Angebote. Eine Weiterentwicklung in diesem Bereich ist wieder ein Zusammenspiels von Anbietern, Kunden und Gesetzgeber.
Links
- Wells Riley: Stop shipping hardware products that are only “beautifully designed.”
- youtube.com: Authors@Google: Cory Doctorow
- guardian.co.uk: Why Marxism is on the rise again
- wikipedia: Downcycling
- Greenpeace: Guide to Greener IT
- the verge: Nexus Q teardown: made in the USA
- PC Global: Für Arbeitsrecht und Umweltgerechtigkeit in der Computerindustrie
- Konferenz: Sustainable IT
- Sustainable IT: Auf dem Weg zum fairen PC?, Sarah Bormann, PC Global
Foto: Some rights reserved by Wisconsin Department of Natural Resources
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