Auch das zehnte BarCamp Kiel war wieder ein großartiges Event. So viele Sessions wie in diesem Jahr, habe ich noch nie mitgemacht – und so viel mitgenommen.
„Wäre es nicht cool, wenn man sich auch in Deutschland aussuchen könnte, ob man eher in einem liberalen Bundesland wohnen will oder nicht,“ war die Frage in eine Gespräch beim Bier am Freitag Abend. In den USA unterschieden sich die Bundesstaaten ja schon sehr. „Das ist der Grund, warum ich nicht in Bayern sondern in Schleswig-Holstein wohn,“ war meine Antwort.
Als vor zwei Jahren Ministerpräsident Daniel Günther sein Grußwort auf dem BarCamp hielt, meinte ein aus dem Süden zugereister Teilnehmer, „Der Kretschmann würde bei uns nie bei einem BarCamp vorbeischauen.“ Irgendwie ist es in Schleswig-Holstein doch alles sehr dicht zusammen.
Dass die jeweiligen Chefs der Staatskanzlei sich den aktuellen Diskussionen auf dem BarCamp stellen, ist ja fast schon normal. Doch merkt man in den letzten Jahren, dass die Verwaltung inzwischen ein großer IT-Arbeitgeber geworden ist. Ein Teilnehmer aus der Landesverwaltung beklagte sich, dass es ihm fast ein wenig viel „Arbeit“ auf dem BarCamp geworden ist.
Tag 1

Es passieren gerade spannende Sachen in Schleswig-Holstein: Digitalisierungsminister Jan Philipp Albrecht (Bündnis 90/Die Grünen) persönlich hat erklärt, wie es mit der Digitalisierung für die Verwaltung und Bürgerinnen und Bürger jetzt weiter geht. Der Chef der Staatskanzlei, Dirk Schrödter (CDU), hat die KI-Strategie des Landes vorgestellt. Leider war das ziemlich dröge und wenig konkret. Lesen kann man die Strategie ja auch selbst. Am Ende ist bei mir vor allem hängengeblieben, dass er dafür ist, auf Bürgerbeteiligung zu verzichten, um Planungsverfahren zu beschleunigen. Das hat nichts mit der Technologie zu tun, sondern nur mit der Haltung gegenüber dem Bürger.
Interessanter waren tatsächlich die konkreten Vorträge der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Landesverwaltung. Kürzlich ist das Open-Data-Portal des Landes gestartet. Im nächsten Jahr soll es noch um ein Transparenz-Portal ergänzt werden.
In dem Portal sollen alle Publikationen der Landesverwaltung und potentiell auch der Kommunalverwaltungen gesammelt werden. Jede Broschüre, Studien, Tätigkeitsberichte, Zuwendungsbescheide an Vereine und Unternehmen, Mitteilungen an den Landtag usw. Dabei sind auch die Bürgeranfragen nach Informationsfreiheitsgesetz, wie man sie heute zum Beispiel auf fragdenstaat.de findet. Der Landtag hat sich selbst und seine Veröffentlichungen leider von dem Gesetz ausgenommen.
Das BarCamp war aber keine reine Fortbildung für Verwaltungsangestellte. Anna Frahm von der DiWiSH hat eine gute Einführung in Kanban gegeben. Mit der Methode steuern sie und ihr Team die tägliche Arbeit.
Daniela Sonders, Christoph Krenz und ich haben in unserer Session etwas über unseren frisch gestarteten WebMontag Kiel Podcast erzählt: Was ist der WebMontag? Und wie kommt das Gespräch als Podcast aufs Handy?
Tag 2

Am Sonnabend bin ich vor allem von der improvisierten Zusatz-Session von Jesper Zedlitz überrascht worden. Der hat mit seinem Verein für Computer-Genealogie 31000 Seiten Verlustlisten aus dem Ersten Weltkrieg digitalisiert und so überhaupt für die Forschung zugänglich gemacht. Seither digitalisieren der Verein und die Nutzerinnen und Nutzer des Portals eine historische Quelle nach der anderen. Und ganz nebenher präsentierte Jesper Zedlitz auch noch ein unveröffentlichtes Portal bei dem die Fotos des Stadtarchivs Kiel auf historischen Karten angezeigt werden. Genial!

Jana Möglich von der Initiative für den Games-Standort Schleswig-Holstein hat in ihre Session erklärt, wie sich „eSport“ von „Gaming“ unterscheidet und warum der Deutsche Olympische Sportbund den Begriff „eGaming“ erfunden hat.
Zum Schluss habe ich noch selbst etwas darüber erzählt, wie Menschen entscheiden und was das mit Künstlicher Intelligenz zu tun hat.
Fazit
In den letzten 10 Jahren hat das Orga-Team das BarCamp zu einer umfassenden Veranstaltung weiterentwickelt. In den ersten Jahren waren da die Sessions, das Mittagessen, T‑Shirts und der Kaffee. Inzwischen gibt es einen von der Begrüßung bis zur Verabschiedung ein tolles Rahmenprogramm mit großartigen musikalischen Beiträgen, Videospielereien. Dem BarCamp-Gründungsteam wurde diesmal zum 10-Jährigen gedankt und alle Teilnehmerinnen und Teilnehmer, die alle 10 Jahre dabei waren, habe sogar ein spezielles T‑Shirt bekommen. Es gibt Mettigel in Pacman-Form, Poster, Aufkleber und eine Fotobox. Jedes Jahr ein T‑Shirt im neuen Design!
Das ist alles so bunt und liebevoll, dass es total verdient ist, dass es mittlerweile auch eine gewisse Aufmerksamkeit der klassischen Medien und der Politik gibt.
Das BarCamp würde es nicht geben ohne das tolle Orga-Team. Aber auch die super engagierten Sponsoren wie zum Beispiel das Networkteam mit ihrem Cocktail-Stand tragen dazu bei. Und nicht zuletzt die viele wunderbaren Teilnehmerinnen und Teilnehmer, die jedes Jahr wieder ihre Ideen, ihre Kreativität und ihr Wissen zur Verfügung stellen.
Die Atmosphäre ist immer wieder so toll: Es wird geklatscht für Neulinge und für jedes Session-Pitch. Ich habe noch nie Geläster über Sessions wahrgenommen – höchstens Dissenz im Inhalt. Es gibt fast nie jemanden, der nur sich selbst vermarkten will. Ich habe mich sehr wohl gefühlt und würde sagen, das war eines der Top 10 Kieler BarCamps. 😉
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