Muss es in der Wirtschaft jeder-gegen-jeden gehen? Funktioniert sie nur, wenn die Menschen scheiße zueinander und zu ihrer Umwelt sind? Der Unternehmer Uwe Lübbermann meint „Nein!“ und macht alles anders. Er geht mit den Menschen um, als seien sie Menschen.
Uwe Lübbermann war Fan von Afri-Cola, bis die heimlich ihr Rezept geändert hat. Verärgert darüber, dass die Kunden nicht gefragt wurden, hat er Premium-Cola gegründet und das alte Rezept aufgegriffen.
Aber nicht nur das. Er hat ein Kollektiv gegründet – alle Entscheidungen im Unternehmen werden im Konsens getroffen. Verträge gibt es nicht. Alle Mitglieder des Kollektivs haben den gleichen Einheitslohn. Boni gibt es nur für Menschen, die mehr benötigen – bspw. weil sie Kinder haben.
Vertrauen und menschliche Beziehungen sind die Basis der Zusammenarbeit. Das bedeutet, dass Uwe Lübbermann vor allem sehr viel mit Menschen spricht. Mit Lieferanten, LKW-Fahrern, Kundinnen und Kunden usw. Dabei kommen oft viel bessere Lösungen heraus. Das ist oft aufwendig und anstrengend. Und es ist nicht auf das Wachstum ausgelegt, das viele Unternehmen heute suchen. Nur wenn kein Konsens im Kollektiv erreicht wird, entscheidet Uwe Lübbermann.
Insofern ist das Premium-Kollektiv eine Antwort auf Elizabeth Andersons Frage „Müssen Unternehmen Diktaturen sein?“: Ja, aber viel weniger als sie es in der Regel sind. Das Premium-Kollektiv ist auch ein Beispiel für Kate Raworths Satz, dass Wirtschaft blühen und nicht wachsen sollte.
Der Begriff „Nachhaltigkeit“ hat im Deutschen zwei Bedeutungen. Nachhaltig sind Lösungen, die
- dauerhaft sind, und/oder
- sozial gerecht, ökologisch vertretbar und wirtschaftlich rentabel sind.
In sofern zeigt das Premium-Kollektiv, wie weit Unternehmen in diesen Bereichen gehen können und dauerhaft florieren. Das skaliert natürlich nicht unendlich. Einen globalen Konzern wird man nicht auf Basis von gleichberechtigten Gesprächen unter Bürgerinnen und Bürgern organisieren. Der muss immer diktatorischer arbeiten – immer weniger nachhaltig.
In „Wirtschaft hacken“ erklärt Uwe Lübbermann, wie das Kollektiv arbeitet, was gut funktioniert, was kompliziert ist und wo die Kompromisse liegen. Es kommen Mitglieder des Kollektivs zu Wort und Wirtschaft-Wissenschaftler*innen. Das macht das Buch zur echten Inspiration.
Spannend finde ich vor allem, das man sicher nicht alle Elemente des Kollektivs übernehmen muss, um zu einer besseren, nachhaltigeren Wirtschaft beizutragen. Unternehmen müssen nicht wachsen, um die Welt zu dominieren. Sie müssen für die Menschen funktionieren. Das geht, wenn man den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, Kundinnen und Kunden und Kooperationspartnern auf Augenhöhe begegnet und sie als Bürgerinnen und Bürger ernst nimmt.
„Wirtschaft hacken“ ist 2021 im Büchner-Verlag erschienen. Die gedruckte Ausgabe kostet 18€. Das ePub gibt es für 13,99€ – oder als kostenlosen Download.
Links
- Der Freitag: Die gute Cola
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