Nur 10–12 % der Haushalte in Deutschland haben einen Glasfaseranschluss. Warum das so wenig ist und warum das in Schleswig-Holstein mit 53 % viel mehr ist, darüber habe ich beim WebMontags Talk mit Glasfaser-Planer Christoph Bechtel gesprochen.
In Südkorea sind über 80 % der Breitband-Anschlüsse mit Glasfaser. In den globalen Ranglisten ist Deutschland immer auf den hinteren Plätzen. Für Christoph Bechtel gibt es dafür mehrere Gründe:
- Das Telekommunikationsnetz in Deutschland ist bereits sehr gut. Basierend auf dem Telefonnetz und dem Kabelfernsehen sind bisher Übertragungsraten möglich, die den meisten Ansprüchen genügen. Der Handlungsdruck ist in vielen Teilen des Landes nicht so hoch dadurch. Das ist in Ländern anders, die kein gutes Netz hatten. Die haben dann gleich auf Glasfaser gesetzt.
- In Deutschland muss alles seine Ordnung haben. In anderen Ländern werden Glasfaser-Leitungen auch oberirdisch verlegt werden – Christoph Bechtel sagt, „in die Bäume gehängt“. In Deutschland werden sie in der Regel unterirdisch verlegt – es sei denn der Untergrund ist solider Fels.
Glasfaser ist die Zukunftstechnologie
Nun hat aber Glasfaser den Vorteil, dass es eine zukunftsfeste Technologie ist. Zugegeben: Was die Telekom aus dem 100 Jahre alten Kupferkabel herausholt, ist erstaunlich. Aber die Technik wird immer aufwendiger. Beim Internet über das Kabelfernsehen teilt man sich die Bandbreite immer mit seinen Nachbarn, so dass das Video auch mal ruckeln kann, wenn gerade die ganze Nachbarschaft Videos schaut.
In Schleswig-Holstein hat die Landesregierung 2013 entschieden, dass Breitbandausbau ausschließlich Glasfaser zu bedeuten hat. Andere Regierungen setzten Bandbreitenziele: 50 Mbit oder 100 Mbit für alle – egal welche Technologie das erreicht. Die SPD-geführte Regierung in Kiel setzte auf Glasfaser. Damit wären alle Ziele erreichbar.
Seither wird fleißig ausgebaut. Auf der Website des Breitbandkompetenzzentrums Schleswig-Holstein heißt es:
„vor 53% der Hausadressen liegt eine Glasfaserleitung und 38% der Hausadressen sind bereits angeschlossen“
Diese Zahlen steigen von Monat zu Monat, weil sich die meisten Kommunen selbst darum kümmern. Christoph Bechtel erklärt, dass die Kommunen selbst kein Glasfasernetz bauen dürfen, weil sie dann am Markt agieren würden. Aber sie dürfen Unternehmen besitzen, die das tun. Das sind entweder die örtlichen Stadtwerke oder mehrere kleine Kommunen tun sich zusammen zu einem Zweckverband, der den Ausbau übernimmt.
In der Regel gibt es zunächst eine Vermarktungsphase. Alle Einwohner werden gefragt, ob sie Glasfaser haben wollen. Wenn 30 % zugesagt haben, reicht das. Dann wird gebaut. Es wird dann das Netz so gebaut, als hätten 100 % zugesagt. Wenn Christoph Bechtel ein Netz plant, dann bekommt jedes Grundstück eine Glasfaser gelegt – auch Baulücken.
Man muss sich schon um den Ausbau kümmern
In Schleswig-Holstein kümmern sich auf dem Land vor allem Zweckverbände um den Ausbau – in den meisten größeren Städten tun es die Stadtwerke. Nur in in der Landeshauptstadt Kiel nicht.
Hier hat die Stadt die Mehrheitsanteile seiner Stadtwerke 2004 an die MVV Energie AG verkauft. Bis 2012 hatten die Stadtwerke Kiel mit Kielnet sogar noch einen eigenen Telekommunikations-Anbieter. Dort hat Christoph Bechtel damals schon einen Plan für die Versorgung von Kiel mit Glasfaser gemacht. KielNet wurde dann aber an Versatel verkauft. Seither ist der Netzausbau bei und uns dem Markt überlassen.
Ein paar Stadtteile mit Wohnblocks wurden von der Telekom mit Glasfaser versorgt. Neubaugebiete werden mit Glasfaser versorgt und die Telekom hat angekündigt in einige Stadtteilen noch einmal bis zu 25.000 Haushalte anzuschließen. Kiel hat 138.000 Haushalte. Von einem systematischen Ausbau kann nicht die Rede sein. Die Telekom pickt sich zurzeit die Rosinen heraus. Christoph Bechtel ist sich sicher, dass es nichts wird, wenn sich die Stadt nicht aktiver einmischt und die Stadtwerke dazu bringt, wieder in die Telekommunikation einzusteigen.
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