Warum haben wir eigentlich die Wirtschaft ausgelassen, als wir unsere Gesellschaft demokratisiert haben? Diesen Gedanken finde ich in „Die Rettung der Arbeit“ von Lisa Herzog am interessantesten.
In ihrem Essay beschäftigt sich die Philosophin damit, was Arbeit eigentlich für den Menschen ist – welchen Wert sie für uns hat. Sie sieht die Gefahr, dass sich Arbeit in einer Art verändert, dass immer weniger Menschen etwas davon haben. Etwa, weil sie Anhängsel digitaler Systeme werden.
Hier nimmt sie ein Beispiel aus Cathy O’Neils „Weapons of Math Destruction“: Die Starbucks-Arbeiter, deren Schichten von einer Software so geplant werden, dass sie selbst erst kurzfristig erfahren, wann sie zu arbeiten haben. Je nachdem wie die Software die Kundenströme für den Tag prognostiziert.
Mitarbeiterinnen sollte mitbestimmen
Eine Vielfalt von Faktoren bedroht die Arbeitswelt heute und Lisa Herzog macht einige Vorschläge, wie damit umzugehen ist. Einer davon ist die Demokratisierung der Wirtschaft.
Alle Bereiche des öffentlichen Lebens sind bei uns mittlerweile einigermaßen demokratisiert. Nur in der Wirtschaft gelten noch die Regeln der Hierarchie. Wir vertrauen der Demokratie die Entscheidung über Krieg und Frieden an aber nicht die Geschicke von Unternehmen.
Die Begründung dafür lautet in der Regel, dass der Unternehmer, bzw. die Kapitalgeber das wirtschaftliche Risiko des Unternehmens trügen und dafür auch sagen könnten, wo es lang geht. Die Arbeitnehmer würden sich per Arbeitsvertrag darauf einlassen. Es gilt die Gewerbeordnung von 1869 §106: „Der Arbeitgeber kann Inhalt, Ort und Zeit der Arbeitsleistung nach billigem Ermessen näher bestimmen…“
Wer das nicht will, muss sich eben etwas Anderes suchen. Doch so einfach ist das heutzutage für die meisten Menschen nicht. Wir sind nicht mehr alle Landarbeiterinnen, Maurer oder Fabrikarbeiterinnen, die sich einfach etwas Anderes suchen können. Viele Menschen sind heute hoch spezialisiert – ein Jobwechsel ist so einfach nicht.
Das Risiko des Unternehmens ist auch das Risiko der Belegschaft. Warum bekommt sie dann nicht mehr Mitspracherechte? In Deutschland sind wir noch ziemlich gut dran mit dem Betriebsverfassungsrecht. Betriebsräte haben bei einigen Dingen Informations‑, Mitwirkungs- und Mitbestimmungsrechte. Aber ausgerechnet für wirtschaftliche Entscheidungen gelten die nicht. Das sollte sich ändern.
„Die Rettung der Arbeit“ ist erschienen im Hanser Verlag, hat 190 Seiten und kostet 22 Euro.
Im Gespräch mit Christian Krell von der Friedrich-Ebert-Stiftung hat Lisa Herzog über ihre Vorschläge diskutiert.
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