Am Freitag und Sonnabend hat das neunte BarCamp Kiel stattgefunden. An beiden Tagen waren gut 300 Teilnehmerinnen und Teilnehmer dabei. Das Themen-Spektrum war wieder breit – von der obligatorischen SEO-Siteclinic bis hin zu „Missverständnissen zwischen Menschen und Pferden“.
Kiel Data-Hub
Ich glaube, so viele Sessions habe ich noch auf keinem BarCamp mitgenommen. Gestartet bin ich mit Open-Data: Die Kieler Agentur Networkteam ist nicht nur Sponsor beim BarCamp, sondern entwickelt auch ehrenamtlich ein Open-Data-Portal für Kiel. Die haben sich schon eine Menge technischer Dinge dazu überlegt und schon eine Reihe weiterer Kieler Agenturen gewonnen, die dort mitwerkeln wollen. Auf der Digitalen Woche Kiel bietet das Networkteam dazu auch eine Veranstaltung an. Wer sich also für Open-Data in Kiel interessiert, sollte dort vorbeischauen.
Onboarding in Unternehmen
Heinz Rohde war für den Sponsor Mittelstand 4.0 beim BarCamp und hatte das Thema „Onboarding“ mitgebracht. Zu deutsch: „Wie heißen wir neue Mitarbeiter im Unternehmen willkommen?“ Seine Überlegungen basierten auf einer Studie, die herausgefunden hat, dass viele neue Mitarbeiter Unternehmen entweder in der Probezeit schon wieder verlassen, weil sie nicht wirklich ankommen oder eine Stelle gar nicht erst antreten.
Helfen kann es, die Mitarbeiter schon direkt bei Vertragsschluss einzubinden und ihre Ankunft im Unternehmen wirklich zu planen. Bei uns haben wir dafür einen Leitfaden entwickelt und ein Kollege ist dafür zuständig, mit den neuen Kolleginnen und Kollegen diesen Leitfaden zu durchlaufen. Am Ende sollten neue Kollegen alle kennegelernt haben, wissen was die tun und selbst wissen, was sie wissen müssen, um loszulegen.
Frauen in eSports
Jana Möglich ist eSportlerin und sie hat ihre Masterarbeit über Frauen und Computerspiele geschrieben – also sowohl über die Darstellung von Frauen in Spielen als auch über Frauen in der Gaming-Szene. Spannend! Ich habe die Szene immer als sehr Männer-dominiert erlebt und vor allem auch gerne recht Machohaft. Im professionellen eSport ist der Ton wohl nicht so rau, aber gleichbehandelt werden Frauen und Männer dort nicht.
Es entspann sich eine Diskussion mit den Teilnehmerinnen darüber, wie sich die Wahrnehmung der Szene inzwischen verändert: Die Landesregierung hat sich die Förderung von eSports in den Koalitionsvertrag geschrieben – und auch wenn noch nicht klar zu sein scheint, was das in der Praxis bedeutet: Vereine wie der Kieler Männer Turnverein (KMTV) stehen in den Startlöchern für erste Projekte. Es wird sogar schon darüber gesprochen, eSports olympisch zu machen.
Ich fand zwar immer, dass es eine Stärke der Szene war, dass Jugendliche sich selbstständig, vollkommen ohne Erwachsene komplett organsiert haben. Aber ich habe mich überzeugen lassen, dass der KMTV ein paar gute Ideen hat und dass das eine das andere nicht ersetzen muss.
Crowdfunding für Schleswig-Holstein
Direkt im Anschluss hat Jana Möglich ihre Arbeit vorgestellt. Über das Crowdfunding-Portal „Wir bewegen SH“ können Vereine ihre Ideen finanzieren. Das Team der Investitionsbank Schleswig-Holstein (IB.SH) kümmert sich darum, dass niemand allein mit seinem Projekt darsteht. Jana Möglich hilft beim Texten, bei der Auswahl der Fotos und es gibt einen Stapel Flyer und Plakate für alle Teilnehmer, mit denen sie ihre potentiellen Spender ansprechen können.
„Update“ by Kieler Nachrichten
Markus Steinkötter hat die Pläne der Kieler Nachrichten für ein Geschäft vorgestellt, das Ende August in Neumünster eröffenen soll. Mitten in der Innenstadt soll das „Update“ Raum bieten für innovative, regionale Produkte. Die Mitarbeiter.innen des Media Stores in Kiel haben sich in den letzten Jahren darum gekümmert, dass die Kundinnen und Kunden das iPad mit ihrem ePaper auch bedienen können. So ähnlich soll der neue Laden ebenfalls Hilfestellung bei technischen Fragen bieten.
Das ganze ist ein Testballon und inhaltlich noch nicht bis ins Letzte durchgeplant, aber es klang ganz interessant. Die journalistische Arbeit soll darunter nicht leiden. Das „Update“ ist ein anderer Unternehmenszweig, der im Idealfall später das Geld erwirtschaftet, das lokale Nachrichten ermöglicht.
Super netter Abend
Die Abendgestaltung hat das BarCamp-Team inzwischen perfektioniert. Mittags gibt es nur schmale Küche. Dafür gibt es dann abends noch einmal ein leckeres Grill-Buffet von meeting & eating und eine Cocktail-Bar vom Networkteam. Kostenlos! In der Abendsonne ist das eine wunderbare Möglichkeit, die neuen Ideen noch einmal zu diskutieren und weiterzuspinnen.
Ein Leben ohne Chef

Der zweite Tag begann mit dem Vortrag von Ingo Sauer über die Umstruktuierung bei seinem Arbeitgeber, der DB Systel – der IT-Tochter der Deutschen Bahn. Dort werden gerade die Hierarchien und mit ihren die Chefs abgeschafft. In Arbeitsgruppen aus sieben plusminus zwei Personen sollen die Mitarbeiter zukünfig arbeiten. Ein Gutteil der Funktionen der früheren Vorgesetzen wurden an die Teams abgegeben.
Alles klang der jung und dynamisch – ich bin gespannt, ob das so funktioniert. Im anschließenden Kaffee-Gespräch mit einem der Teilnehmer waren wir uns nicht sicher, ob die Teams nicht zusehr von ihrer eigentlichen Arbeit abgehalten werden, wenn selbstgesteuerte Prozesse an die Stelle der Hierarchie tritt. Vielleicht gibt uns Ingo Sauer beim nächsten BarCamp ein Update dazu.
Kreativ auf Knopfdruck 7

Zu den BarCamp-Klassikern gehören die Kreativ-Sessions von Lutz Lungershausen. Unterhaltsam und bezaubernd unprätentiös stellt er seit sieben Jahren auf dem BarCamp Kiel Kreativtechniken vor, mit denen man nicht auf den Kuss der Muse warten muss. Inzwischen hat er sogar ein Buch daraus gemacht. Sein Auftritt in diesem Jahr soll der letzte mit diesem Thema gewesen sein. Für das nächste Jahr, will er sich etwas Neues ausdenken. Ich bin sicher, dass das klappt.
Das Internet muss weg

Nach einer längeren Mittagspause hat Achim Gras die Ideen aus Schlecky Silbersteins „Das Internet muss weg“ vorgestellt. Ich fand super, dass er das gemacht hat – ich hatte dazu etwas mit einem leicht anderen Dreh vorbereitet. Ich hatte dann aber keine Lust, eine Session anzubieten – vielleicht hätte ich mir am Freitag Anja Scharfenbergs Vortrag zum Imposter-Syndrom anschauen sollen. Achim Gras hat erzählt, dass es kürzlich eine Online-Konferenz mit Schlecky Silberstein und 50 Interessierten gab. Es gab die Überlegung, einen Verein zu gründen. Auch hier bin ich gespannt, was dabei herauskommt.
Danach habe ich mich auf den Heimweg gemacht.
Ich habe übrigens gedacht, ich müsste zumindest Twitter für das BarCamp wieder aufs Smartphone ziehen. Ich hatte das für das BarCamp-Vorglühen am Donnerstag Abend auch gemacht. Da war es auch praktisch, weil wir schnell umplanen mussten, als die Forstbaumschule überraschend nicht als Treffpunkt zur Verfügung stand. Aber mich hat es dann doch wieder so genervt, dass ich Twitter deinstalliert habe. Das war hier und da komisch und ich hatte den Eindruck, ich würde auch einiges verpassen, aber so war ich viel mehr in Gedanken bei den Vorträgen, Diskussionen und den Gesprächen.
Tops und Tips
Das abendliche Grillen samt Cocktailbar sind super und bestätigt meine These, dass man nicht viel braucht, um Leute zu vernetzen – es reicht ein Tresen und ein Vorwand, warum man sich dort abends treffen soll. Überhaupt war die Atmosphäre so super angenehm: Wer sich als BarCamp-Ersti outete, bekam immer einen Extra-Applaus. Das macht es sicher leichter auf der Bühne mit dem Mikro sein Thema vorzustellen.
Auf Grußworte kann ich weiterhin verzichten. Wer etwas Interessantes zu erzählen hat, soll eine Session anbieten und sich der Diskussion stellen. Ich finde schade, dass das Prinzip aufgegeben wurde. Die Grußworte ziehen die Eröffnung sehr in die Länge. Weggefallen ist dafür die Kennenlernrunde. Die hätte ich gerne wieder, denn darum geht es eigentlich.
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