Donald Trump ist noch keine Woche im Amt und schon baut er die USA um. Alles tanzt jetzt nach seiner Pfeife. Andere Meinungen deutet er zu Lügen um, Widerspruch zu Verrat. So ticken Populisten. Der Politikwissenschaftler Jan-Werner Müller hat das in seinem exzellenten Essay „Was ist Populismus?“ hervorragend analysiert.
Ist er schon ein Populist, wenn CSU-Chef Horst Seehofer eine Obergrenze für Flüchtlinge in Deutschland fordert? Ist es populistisch, nur weil das eine simple Lösung ist, die vielen Menschen gefallen könnte ‑egal ob sie tauglich ist oder nicht? Nein. Nach der Definition von Jan-Werner Müller wäre es nur dann populistisch, wenn Horst Seehofer behaupten würde, das und nur das sei es, was das Volk wolle.
Populisten behaupten, dass sie ungefiltert den Willen des Volkes aussprechen. Wer anderer Meinung ist, kann entsprechend nicht zum Volk gehören. Populismus lehnt Meinungsstreit und Pluralismus ab. Meinungsvielfalt aber ist essentieller Teil von Demokratie. Somit ist Populismus immer anti-demokratisch.
Sind Populisten in der Opposition, haben sich die Eliten gegen sie verschworen. Sind sie in der Regierung ist es nicht so, dass sie sich schnell selbst entzaubern, weil ihre Rezepte nicht funktionieren. Das ist ein gefährlicher Irrglaube. Sie bauen die Institutionen des Staates so um, dass formal eine Demokratie erhalten bleibt – die Opposition hat aber keine Chance mehr. Bei Donald Trump kann man das zurzeit jeden Tag beobachten. Vorher schon konnte man das in Polen oder in Ungarn sehen. Erdogan geht genauso vor in der Türkei. Es bleibt eine defekte Demokratie.
Das Verrückte ist, dass Menschen den Populisten nachlaufen. Die Populisten versprechen die Umsetzung echter Demokratie – Beteiligung findet aber nicht statt. Sie versprechen, den Staat dem Volk wieder zurück zu geben und besetzen rücksichtslos öffentliche Positionen mit eigenen Parteigängern, so dass die Populisten nicht einmal nach einer verlorenen Wahl wirklich wegzubekommen sind. Und wenn ihre politischen Lösungen nicht funktionieren, sind nie sie selbst Schuld, sondern immer die alten Eliten oder das Ausland. Sie machen eigentlich all das, was demokratischen Politikern immer vorgeworfen wird – bloß viel viel schlimmer. Und die Anhänger jubeln.
Leider bietet Jan-Werner Müller keine Anleitung zum Umgang mit Populisten und wie man sie wieder los wird. Er räumt vor allem auf, mit vielen Vermutungen darüber. Vor allem sollte man nicht den Fehler machen, Populisten zu unterschätzen. Die werden all das machen, was sie sagen. Donald Trump wird seine Mauer an der mexikanischen Grenze bauen. Er wird Muslime registrieren und jeden aus dem Land schmeißen, der seiner Meinung nach illegal da ist.
„Was ist Populismus?“ ist ein wichtiges Buch, dass alle gelesen haben sollten, die sich für den Zustand unserer Gesellschaft interessieren. Und es ist wirklich gut zu lesen. Es passiert mir nicht oft, dass ich 140 Seiten an einem Tag durchlese.
Bestelldaten
Jan-Werner Müller
Was ist Populismus? – Ein Essay
Erschienen: 11.04.2016
160 Seiten
ISBN: 978–3‑518–07522‑7
Preis: 15,00 €
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