Warmes Licht dringt aus dem Stalltor. Mehr kann ich in der stock-dunklen Landschaft nicht erkennen, die vor meinem Bahnfenster vorbei huscht. Passt ja zu Weihnachten irgendwie. Ich versuche meinen biblischen Vergleich in einen Tweet zu fassen, um der Welt diese gute Botschaft zu verkünden. Die Welt ist aber nicht erreichbar. Seit der ersten Generation Mobilfunk hat sich in diesem Teil von Schleswig-Holstein niemand die Mühe gemacht, neue Antennen zu montieren.
Statt der Stationen an denen heute ohnehin niemand ein- und aussteigt, sollte der Zugführer lieber durchsagen, wenn wir wieder ins Internet einfahren. Auch diese Idee kann ich nicht twittern. Kein Netz und vor dem Fenster ist alles schwarz. Ich wende mich wieder meiner Podcast-App zu. Dort kann ich zuhören wie sich Katja und Henning vom Tech&Tonic-Podcast langsam mit ihrem Interviewgast betrinken. Die haben es gut.
Ich bekomme eine Nachricht. Weihnachtsgrüße von einem Kollegen. Wir sind gerade mal wieder im Internet. Ich grüß zurück und schau, ob ich unseren nächsten Termin auch richtig im Kalender habe. Das Internet reicht gerade noch, meine Facebook-Timeline zu aktualisieren. Dann sind wir wieder aus dem Internet herausgefahren. Ich verschieben das Liken und Teilen auf später.
Der Schaffner kommt vorbei, ich reiche ihm mein Smartphone mit dem Barcode für mein Online-Ticket. Dann bereite ich ein paar Weihnachtsgrüße vor, die ich verschicke, als wir wieder kurz durchs Internet fahren. Katja und Hennings Gesprächsführung wird kreativer. Kurz vor meinem Ziel verschicke ich meine vorbereiteten Weihnachtsgrüße.
Am Bahnhof holen mich meine besten Freunden aus Schultagen ab. Am Tag vor Weihnachten treffen wir uns immer in unserer Heimatstadt. Auch das hat etwas Biblisches. Das zu twittern fällt mir aber nicht mehr ein. Wir setzen uns an den Tresen, wie wir das immer machen, in der Kneipe, in die wir immer gehen. Ich glaube, dort gibt es kaum Handy-Empfang. Aber das ist echt egal, wenn alles Wichtige gerade hier passiert.
Diese Kolumne ist zuerst bei shz.de erschienen.
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