Endlich mal wieder eine spannende, offene Technologie! Mit WebRTC ist es möglich, direkt, fast ohne zusätzliche Infrastruktur Videokonferenzen mit mehreren Personen durchzuführen. Der offene Standard, den Google auf der Google I/O 2013 präsentierte, findet mehr und mehr Anwendung und kann auch als Angriff auf den Microsoft/Skype-Deal und als Beispiel für Googles Wettbewerbsstrategie verstanden werden.
Nachdem sich die Aufmerksamkeit von Universal-PCs zu spezialisierten Geräten wie Smartphones oder Smart-TV und seit die großen Konzerne alle mal mit relativ offenen Standards und dem Versprechen des „Programmable Webs“ gestartet sind, wird es zunehmend düsterer für die freie Software und offene Spezifikationen. Mit WebRTC kommt da endlich mal wieder etwas Neues, das wirklich spannend scheint. Doch Auslöser für die Entwicklung ist der Versuch von Google, die Marktposition von Skype anzugreifen. WebRTC steht für „Web-Real-Time-Communication“ und mittlerweile arbeitet das World Wide Web Consortium (W3C) seit 2011 an der Spezifikation doch die ersten Implementierungen erreichen die freie Wildbahn.
So einfach wie Etherpads: Vline.com
Äußerst unkompliziert ist der WebRTC-Service von Vline.com: Und wer Etherpads kennt, erkennt das Prinzip schnell wieder. Für eine Videokonferenz benötige ich nur einen aktuellen Firefox‑, Chrome- oder Opera-Browser. Auf vline.com klickt man auf „Go“, um einen neuen Videochat zu erstellen. Dabei handelt es sich einfach um eine URL, die quasi zur Vermittlung dient. Der Browser bittet mich dann um Erlaubnis für den Zugriff auf Kamera und Mikro. Sobald ich den gewährt habe, kann ich mich selbst sehen.
Die URL kann ich nun an bis zu 3 Gesprächspartner weitergeben und die stoßen einfach zum Chat hinzu, wenn sie die URL aufrufen. Die Kommunikation läuft dann nicht über die Server von Vline, sondern direkt zwischen den Browsern der Gesprächsteilnehmer.
Der Videochat selbst ist dann schlicht gehalten: Stummschalten, Bild-An/aus und „Auflegen“ – Ansonsten kann ich mich mit meinen Gesprächspartnern ziemlich gut unterhalten. Bei ersten Tests hatte ich nicht den Eindruck, dass es eine nennenswertes Latenz gab. Die Gespräche waren sehr natürlich. Ein charmantes Detail finde ich das spiegelverkehrte Bild von meiner eigenen Kamera. So fühlt es sich an, als schaue man in den Spiegel.
Und Vline funktioniert auch einfach im Firefox auf dem Smartphone. Dort fragt mich der Browser nur, welche der beiden Kameras ich benutzen möchte und los geht’s.
Mach Deinen eigenen Service auf
Mit palaver.tv kannst Du so einen WebRTC-Vermittlungsservice selbst hosten. Bei Github gibt es den nötigen Quelltext dafür. Im Blog von palaver.tv gibt es eine Schritt-für-Schritt-Anleitung dazu, wie man den Service auf einem Ubuntu-Server installiert.
Mehr Funktionen bietet meetjitsi. Dort ist ein Etherpad gleich eingebaut und auch Präsentationen von Prezi.com kann ich direkt einbinden. Auch meetjitsi kann ich selbst betreiben – alles Nötige liegt auf Github.
Bei den einfachen Möglichkeiten – wer braucht da tatsächlich noch eine Software wie Skype für Videokonferenzen? Da muss sich Microsoft wohl mittelfristig etwas anderes kaufen. Das Beispiel zeigt aber auch einmal mehr, wie Google bestehende Geschäftsmodelle lieber durch kostenlose Angebote zerstört, als klassisch selbst mit einem besseren Produkt zu konkurrieren.
Links
- Homepage: WebRTC
Das Artikelbild ist aus diesem Video geschnitten.
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