Wie wäre es, wenn Unternehmen ab einer bestimmten Größe Anteile an die öffentliche Hand abgeben müssten? Immerhin profitieren sie offensichtlich sehr von der öffentlichen Infrastruktur und sie sind als großer Arbeitgeber ein wichtiger Faktor in der örtlichen Gesellschaft. Das ist eine der Ideen in E. F. Schumacher „Small is Beautiful“ – einem der der einflussreichsten Bücher nach dem Zweiten Weltkrieg.
„Small is Beautiful“ ist von 1973 und bis auf wenige Stellen liest es sich super aktuell. Ja, die Probleme von Umwelt, Wirtschaft und Gesellschaft sind schon so lange bekannt. Nur hat man sich damals offensichtlich dafür entschieden nicht seinen Empfehlungen zu folgen. Zum Beispiel seiner Idee, die Hälfte von großen Unternehmen der lokalen Gesellschaft zu überschreiben. Er verfolgte damit einen pragmatischen Mittelweg zwischen Verstaatlichung und reinem Privateigentum.
E.F. Schumacher analysiert, dass Unternehmen nicht allein aus sich selbst heraus erfolgreich seien. Sie profitierten von der öffentlichen Infrastruktur und dem Bildungswesen. Um das zu finanzieren, besteuere der Staat die Unternehmen. Das stünde aber immer wieder zur Debatte. Deshalb sei es fair, Unternehmen ab einer bestimmten Größe zu Transparenz, Verantwortung und Gewinnbeteiligung zu verpflichten alleine dadurch, dass die Unternehmen nach und nach bis zur Hälfte ihrer Anteile der öffentlichen Hand übertragen. Für die Gewinnbeteiligung verzichte der Staat auf die Steuern.
Es ginge dabei nicht um staatliche Lenkung. Die Unternehmensanteile sollten in der Regeln nicht stimmberechtigt sein. In den Aufsichtsrat sollten örtliche Vertreterinnen und Vertreter von Gewerkschaften, Handelskammer, und Berufsverbänden entsandt werden. Nur in besonderen Fällen sollte die öffentliche Hand ihren Wunsch eine entsprechenden Gericht vorlegen, das entscheidet, ob die Kommune ihr Stimmrecht einsetzen dürfte. Allein diese Möglichkeit brächte die Unternehmen dazu, sich mehr Gedanken über ihre lokale Verantwortung zu machen. Kleine Unternehmen machten sich diese Gedanken ohnehin – deswegen seien sie ausgenommen von dieser Regelung.
Der Mensch als Maßstab
Damit will E.F. Schumacher dazu beitragen, dass die Wirtschaft wieder mehr dem Menschen und weniger sich selbst diene. Denn der Mensch müsse immer im Mittelpunkt auch der Wirtschaft stehen. Arbeit muss mehr sein als Broterwerb. Technischer Fortschritt sollte den Menschen dabei unterstützen, erfüllende, bessere Arbeit zu machen – und ihn nicht zum Handlanger der Technik machen. Er bezieht sich damit auf die buddhistische Arbeitsethik:
„The Buddhist point of view takes the function of work to be at least threefold: to give man a chance to utilise and develop his faculties; to enable him to overcome his ego-centeredness by joining with other people in a common task; and to bring forth the goods and services needed for becoming existence.“
Es verbiete sich deshalb, Arbeit so zu organisieren, dass sie bedeutungslos, langweilig, verblödend oder nervenaufreibend für die Arbeiterinnen und Arbeiter ist.
Wir steuern auf die Umweltkatastrophe zu
Schon 1973 war E.F. Schumacher klar, dass der Mensch in die Umweltkatastrophe steuert, wenn er weiterhin Rohstoffe verbraucht, als seien sie erneuerbar. Und obgleich die Gesellschaft damals noch voller Hoffnung in die Atomkraft war, erklärt E.F. Schumacher warum das keine Alternative ist. Alle wussten, dass wir sehr sehr lange auf den Atommüll würden aufpassen müssen. Die Atomkraftbefürworter aber verlagerten das Problem in einen anderen Beireich. Der Mensch müsse seine Gesellschaft „einfach“ so weiterentwickeln, dass es zu keinen Kriegen mehr kommen könne und sie für immer auf den Atommüll aufpassen könnte. E.F. Schumacher warnt davor, technische Probleme in gesellschaftliche zu verwandeln.
Ich habe für „Small is Beautiful“ ein wenig länger gebraucht als normalerweise bei Büchern mit 300 Seiten. E.F. Schumachers Analysen und Konzepte wandern ziemlich hin und her. Manchmal sind sie dann doch nicht mehr auf der Höhe der Zeit. Vor allem, was die Lage der Länder des globalen Südens angeht – da ist in 50 Jahren doch schon sehr viel passiert, was der Autor nicht vorhergesehen hat.
Insgesamt hat sich die Lektüre aber gelohnt und ich möchte das Buch empfehlen. Es kostet 17,50€ in der Ausgabe, die ich habe. Auf deutsch scheint es nicht erhältlich zu sein.
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