Einer der Schwerpunkte der re:publica 13 war das Thema „Arbeit“. In mehreren Vorträgen ging es darum, wie wir Arbeit und Leben besser unter einen Hut bringen oder wie Unternehmen mehr gesellschaftliche Verantwortung übernehmen. Johannes Kleske wiederum erklärte „Das Ende der Arbeit“. Aber kann Arbeit eigentlich enden?
Während Deutschland von der Vollbeschäftigung redet und eine Insel der Glückseligen zu sein scheint, sieht es im restlichen Europa zum Teil ganz anders aus. In Griechenland, Spanien, Portugal und Italien brennt die Hütte. Viele Menschen haben keine Arbeit und niemand weiß so genau, wo eigentlich neue Arbeit herkommen soll. Kann Griechenland so viele Solarzellen herstellen, dass da tatsächlich eine relevante Anzahl Menschen von leben kann?
Kleske beobachtet, dass immer mehr Aufgaben von Automaten erledigt werden. Das ist nicht nur die Autoproduktion, in der diese Einarm-Roboter die Teile verschweißen. Es gibt Roboter, die auf Kinder aufpassen, den Fussboden saugen, Roboter, die Krieg führen, Autofahren, Aktien handeln, juristische oder medizinische Entscheidungen unterstützen und Sportreporter ersetzen. 3D-Scanner und 3D-Drucker könnten die Fabrikation insgesamt ersetzen. Die Leistungsfähigkeit von Computern steigt exponentiell – und immer mehr Rechenleistung kann immer neue Bereiche menschlicher Tätigkeit ersetzen. „The Economist“ stellte deswegen fest:
„Technology is no longer creating new jobs at a rate that replaces old ones made obsolete elsewhere in the economy.“
Es fallen die Jobs mit mittleren Einkommen weg und es entstehen höchstens Jobs in Bereichen, in denen menschliche Arbeit billiger ist, als die Automatisierung: Im Niedriglohnsektor. Mehr Menschen mit kleinen Einkommen steigern den Bedarf an billigen Produkten und Dienstleistungen, was den Druck auf den Preis der Arbeit weiter erhöht.
Chance oder Gefahr?
Kleske diskutiert im Folgenden, ob das eine Gefahr für den Menschen ist: Schon heute, werden Menschen in ihrer Arbeit von Maschinen überwacht und angeleitet. Werden wir zu Marionetten der Maschinen? Oder sollten wir die Arbeit ganz den Maschinen überlassen und uns auf ein Leben als Philosophen einstellen? Es bliebe am Ende die Arbeit übrig, die Maschinen nicht erledigen könnten: Maschinen können zwar Bilder malen und Musik machen – Wenn ich aber Musik von einem bestimmten Künstler hören will, dann kann das echte Erlebnis keine Aufnahme ersetzen. Wenn aber eine Maschine sicherer operiert und oder sicherer fährt, will ich mich nicht mehr vom Menschen kutschieren oder operieren lassen.
Funktion von Arbeit für den Menschen
Was aber ist Arbeit eigentlich? In der Sozialpsychologie kennt man die Hierarchie der menschlichen Bedürfnisse: Der Mensch braucht Essen, Trinken und Schlaf. Und dann sucht er sich ein sicheres Plätzchen – ein Dach über dem Kopf. Danach direkt beginnen die sozialen Bedürfnisse: Anerkennung durch andere Menschen. Anerkennung bekommt man in der Regel für eine getane Leistung.
Kann es tatsächlich so weit kommen, dass wir anderen Menschen nichts Gutes mehr tun können, weil all unsere Bedürfnisse durch Maschinen erfüllt werden? Das Erbringen von Leistung für andere Menschen ist die Basis unserer Erwerbsarbeit. Dort werde ich nicht nur mit Geld entlohnt, sondern auch mit Anerkennung. Das ist der Grund, warum viele Menschen für wenig Geld arbeiten gehen, statt vielleicht für mehr Geld zu Hause zu bleiben.
Das ist im Übrigen auch der Grund dafür, dass ich beim Bedingungslosen Grundeinkommen (BGE) skeptisch bin. Das versucht gar nicht mehr, den Menschen einen wertvollen Platz in der Gesellschaft zu geben, sondern finanziert nur das Überleben und eine gewisse Sicherheit und überlässt es den Menschen individuell, sich einen sinnvollen Platz in der Gesellschaft zu suchen. Meiner Meinung nach ist es aber auch eine gesellschaftliche Aufgabe, die Menschen einzubinden. Was sollen denn die Arbeitslosen in Zukunft machen? Bilder malen, die keiner haben will und Lieder singen, die keiner hört? Selbstverwirklichung ist in der Bedürfnishierarchie allerdings die Stufe über der sozialen Anerkennung. Vollkommen für sich selbst, kann man also nicht arbeiten und dabei glücklich sein.
Ich denke, dass all jene Jobs wegfallen werden, die die unteren Stufen der Bedürfnispyramide befriedigen: Alles was Herstellung der Grundausstattung des Menschen benötigt wird. Der Mensch bleibt nur dort wichtig, wo Menschen wert darauf legen, dass sich ein Mensch darum kümmert. So wie wir heute zwar Auto fahren, aber manchmal noch wert darauf legen, mit einer Kutsche transportiert zu werden. In Altersheimen könnten Roboter vermutlich alle Jobs übernehmen, die dafür sorgen, dass die Menschen dort überleben. Aber menschlichen Kontakt können sie nicht ersetzen. In Schulen könnte man vermutlich alles durch zentrale Lernprogramme unterrichten lassen und das Verhalten der Schüler elektronisch überwachen – aber würden die Kinder dann lernen, wie Menschen sich verhalten? Dazu kommen natürlich die Nahrungsmittel, die ich von einem bestimmten Produzenten haben will, die Musik, die ich von einer bestimmten Musikerin hören will, das Geschirr, dass ich aus einer bestimmten Hand will. In alle diesen Bereichen wird Arbeit nicht verschwinden, solange Menschen noch Wert auf andere Menschen legen.
Links
- Johannes Kleske: Das Ende der Arbeit – Wenn Maschinen uns ersetzen
- Homepage: Johannes Kleske
- Meine Sketchnotes: Das Ende der Arbeit
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