Alle Dinge im Internet haben eine eindeutige Adresse. Die sogenannte URL (Uniform Resource Locator). Im Prinzip ist die URL das, was der Pfad auf dem heimischen Computer ist. Das ist eigentlich eine einfach Sache – für viele Menschen scheinen URLs eine zu große Hürde zu sein. Und das ist ein Hindernis für das freie Internet.
Vor einigen Jahren wunderte man sich noch über diese Leute, die nicht wissen, wozu das Adress-Feld im Browser gut ist. Diese Leute, die alles, egal ob Suchbegriff oder Domain, immer ins Suchfeld eingegeben haben. Schon lange funktionieren deswegen die Adressfelder auch als Suchfelder. Für viele Menschen scheinen URLs tatsächlich Zauberei zu sein. Neulich habe ich jemandem eine URL diktiert und die Person fragte mich verwundert „Ohne ‚www’!? Was macht denn dann das Internet mit mir?“ Und wer kennt das nicht: Selbst bei E‑Mail-Adressen (est. 1984) werde ich immer mal wieder nach Groß- und Kleinschreibung gefragt.
URLs sind elementar für ein freies Internet
URLs können die Verbindung zwischen verschiedenen Diensten im Internet herstellen: Meine neue ownCloud-Installation schmeißt mit URLs nur so um sich. Da gibt es jeweils eine URL, unter der mein heimischer Thunderbird, den Kalender und das Adressbuch erreichen kann. Der Firefox kann unter einer URL seine Einstellungen ablegen. Und mit einer weiteren URL kann ich die Dateiverwaltung von ownCloud in meine Dateisystem zu Hause einbinden. Einloggen kann ich mich über meine OpenID – eine URL. RSS-Feeds verbergen sich hinter URLs. Die nicht einheitlichen URLs sind ein Grund dafür, warum es relativ schwierig ist, einen Share-Button für Diaspora zu bauen. Diaspora-Nutzer können nicht per Knopfdruck zum Beispiel von meinem Blog teilen, weil sie dem Teilen-Button erst mitteilen müssen, wo sie denn ihren Diaspora-Account haben.
Anders ist das bei nicht-freier Software: Facebook findet man ausschließlich auf facebook.com und Twitter auf twitter.com – Die großen Softwarehersteller haben ihre eigenen Ökosysteme aufgebaut, in denen die einzelnen Anwendungen alle wissen, wie sie sich von alleine finden. Bei Google ist zum Beispiel alles mit dem Google-Account verknüpft. Das ist offenbar für die meisten Menschen sehr attraktiv. Und wer mal versucht hat, auf dem Smartphone eine URL aus einem Text im Browser zu kopieren und in einer anderen App einzufügen, kann nachvollziehen, warum das nicht attraktiv ist. So ähnlich muss das normalen Leuten auch am Desktop-PC gehen.
Sicher können Browser die Benutzer unterstützen: RSS-Feeds werden direkt an die zuständige Anwendung weitergeleitet – das gleiche funktioniert recht gut mit E‑Mailadresse. Allerdings muss man dazu den Browser so einstellen, dass er ausgewählte URLs mit bestimmten Programmen öffnet. Von alleine passiert das leider nicht. Und ich weiß auch nicht, wie man das einfacher machen kann. Denn die Auswahl zu haben, bedeutet dass man aktiv werden muss. Man muss sich – vielleicht nur kurz – mit etwas beschäftigen, was einen eigentlich gar nicht interessiert: Mein Webmailer fragt mich, ob mailto-Links vom Browser im WebMailer geöffnet werden sollen. Und ich weiß unter Umständen gar nicht, was ein mailto-Link ist oder warum mein Browser das wissen will.
Eine Lösung per OpenID / WebFinger?
Die Frage ist, ob es realistisch ist, dass eines Tages alle Menschen wissen, was URLs sind und wie sie funktionieren. Immerhin gibt es URLs schon so lange es das Netz gibt. Oder muss das Netz einfacher werden? Wie wäre es, wenn es nicht mehr die Benutzer wären, die die Verbindung zwischen Anwendungen herstellen müssten? Dazu bräuchte man so eine Art Identitätsmanager. Zugang bekommt man zu dem Manager per E‑Mail/Passwort. Die E‑Mail-Adresse müsste dann aber tatsächlich zur Domain des Identitätsmanagers gehören. Wenn meine Identitätsmanagement-Software unter id.example.com läuft wären meine Identität dort kaffeeringe@id.example.com.
Diese Adresse gebe ich meinem Kalendar und der meldet seine CalDav-URL an meinen Account bei example.com. Meinem Smartphone gebe ich auch meine ID und mein Passwort und das Telefon holt sich dann alle URLs, die zu den Apps passen, die ich betreibe: CalDav, CardDav, Mozilla Sync, IMAP usw. Soweit ich das verstanden habe, wäre Webfinger eventuell für so etwas geeignet. Bisher scheint es vor allem für öffentliche Daten gedacht zu sein, aber bestimmte Daten per Passwort zu schützen, kann eigentlich keine große Kunst sein.
Am Ende müsste man sich nur noch seine übliche E‑Mail/Passwort-Kombination merken, um alle die wunderbaren freien Webservices zu nutzen, die die bunte Welt des Internets zu bieten hat, wenn man sich mal vor die Tür seiner Apple/Google-Hölle traut. Ob das realistischer ist, weiß ich nicht. Ich hätte das aber gerne für mich.
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