„Was weiße Menschen nicht über Rassismus hören wollen, aber wissen sollten“ – klarer kann man einen Buchtitel wohl nicht formulieren. Die Journalistin Alice Hasters schreibt, als wollte sie alles zum letzten Mal erklären.
Vorbemerkung
Eigentlich kann ich als weißer Mann es nur falsch machen, wenn ich versuche eine Rezension zu einem Buch über Rassismus zu schreiben: Der weiße Blick auf die Probleme, die weiße Menschen Schwarzen machen. Aber ich glaube, genau darum geht es: versuchen, es besser zu machen. Dabei Fehler machen, um sie dann nicht wieder zu machen.
Wir leben in einer rassistischen Welt – wie sollte davon nicht jeder Mensch etwas abbekommen haben? Auch ich. Auch alle, die sich bemühen, nicht rassistisch zu sein. Alice Hasters schreibt:
„[Der Rassismus] ist schon so lang und so massiv in unserer Geschichte, unserer Kultur und unserer Sprache verankert, das wir gar nicht anders können, als in unserer heutigen Welt rassistische Denkmuster zu entwickeln.“
Nur wenn man das Problem annimmt, kann man etwas daran ändern. Deswegen hier mein Versuch.
Versuch einer Rezension
Schon das Cover ist für das Thema ungewöhnlich: Ein Foto der Autorin. Das sieht man eher auf Biografien oder auf Selbsthilfebüchern von Ernährungsgurus. Aber Alice Hastern hockt dort in verschlossener Haltung und zeigt sich auf dem Cover ihres eigenen Buches. Denn darum geht es: um das Aussehen. Um ihre dunkle Haut. Um die lockigen Haare. Die sind immer da.
Alle, die Alice Hasters sehen, sehen Haut und Haare und machen sich ihr Bild. Haut und Haare sind nicht zu verstecken. Das weckt die uralten Bilder, die wir von schwarzen Menschen haben – all die rassistischen Vorstellungen, die zum Teil auch positiv sind. Sie sind aber immer eine Schublade, in die schwarze Menschen nicht gesteckt werden wollen. Schwarze Menschen wollen nicht als „wild“ und „exotisch“ wahrgenommen werden, nur auf Grund ihrer Hautfarbe.
Im schlimmsten Fall aber finden diese Abwertungen statt, die es schon so lange gibt, um schwarze Menschen mit ruhigem Gewissen ausbeuten zu können. Dann sind schwarze Menschen faul und potentielle Diebe.
Dann ist das Buch auch eine Biografie, denn Alice Hasters erzählt sehr persönlich, was sie und ihre Familie alles erlebt hat. Manches ist wirklich unglaublich. Wildfremde, die sie als Baby ihren Eltern entreißen, um ein Foto von einem schwarzen Baby zu machen! Leute, die ihr ungefragt ins Haar fassen oder ihr Aussehen kommentieren! Fragen, wo sie denn „ursprünglich“ herkomme und warum sie so gut Deutsch spreche!
Alice Hasters schreibt all das mit einer spürbaren Genervtheit, als wolle sie sagen: „Ok, einmal erklär ich’s noch…“ So genervt, wie man wohl ist, wenn man zum Xten Mal etwas erklären muss, was man nicht immer wieder erklären will. Sie verwebt die eigene Lebensgeschichte immer wieder mit der Geschichte des Rassismus und den Theorien des Anti-Rassismus. So wie ihr Leben unausweichlich mit Rassismus und dem Kampf dagegen verwoben ist.
Wenn die Leserinnen und Leser am Ende ein wenig von all dem verstanden haben und sich und andere hinterfragen, ist das Buch tatsächlich auch ein Selbsthilfebuch. Bei mir jedenfalls sind ein paar Groschen gefallen.
„Was weiße Menschen nicht über Rassismus hören wollen, aber wissen sollten“ ist im Hanser Verlag erschienen, hat 210 Seiten und kostet 17 Euro.
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