Einerseits will YouTube ein Unternehmen sein, das gesellschaftliche Vielfalt lebt und fördert. Andererseits will YouTube seine Video-Plattform für jegliche Inhalte offen und neutral betreiben. Marginalisierte Gruppen kommen dabei leicht unter die Räder.
Im „Chips with Everything“ Podcast des Guardian präsentiert die Journalistin Jordan Erica Webber beispielhaft den Fall ihres Kollegen Carlos Maza. Seit der bei Vox arbeitet hat ihn der rechter Youtuber Steven Crowder im Visier: Immer wieder weist der in seinen Sendungen auf Carlos Maza hin und hetzt ihm damit seine homophobe und rassistische Anhängerschaft auf den Hals. In einem Twitter-Thread berichtet Carlos Maza davon.
Wenn Steven Crowder ihn mal wieder zum Spott auf YouTube gemacht hat, kann Carlos Maza seine Social-Media-Accounts für Tage vergessen: Überall schlägt ihm Hass und Häme entgegen. Vor einigen Jahren wurden seine privaten Kontaktdaten illegal veröffentlicht. Dadurch kommt der ganze Müll sogar auf seinem Handy direkt an.
Es ist nicht so, dass sich der Steven Crowder lange über Carlos Maza auslässt – eine kleine Spitze in einem längeren Video scheint zu reichen, um die Troll-Armee zu entfesseln. YouTube hat deswegen dagegen bisher nicht viel getan – nur Geld verdienen kann Steven Crowder nicht mehr direkt mit seinen Videos. YouTube möchte nicht mehr Geschäftspartner mit dem Cyberbully sein.
Sein Geld aber verdient der ohnehin außerhalb der Video-Plattform – und vermutlich sogar noch erfolgreicher, wenn er darauf hinweist, dass YouTube ihn nicht finanzieren will. Das reicht Carlos Maza nicht:
„Crowder ist nicht das Problem. Es wird immer verdammte Arschlöcher geben, die auf scheinheilige Art versuchen Aufmerksamkeit zu bekommen. Das Problem ist, dass YouTube so gemacht ist, dass es diesen Arschlöchern Megafone in die Hand drückt und neue Anhänger in ihre Richtung schiebt und sie bei der Stange hält. Das ist eine Waffe.“
– Carlos Maza
YouTube ist mit seinem Empfehlungs-Algorithmus eben keine neutrale Plattform. YouTube entscheidet, was mehr Menschen empfohlen wird und empfiehlt ihnen die Inhalte von Bullies wie Steven Crowder. Durch Werbeeinblendungen verdient das Unternehmen auch noch daran.
Carlos Maza vergleicht die Situation mit einem Spielplatz auf dem die Aufsicht nicht dafür sorgt, dass die stärkeren Kinder die schwächeren in Ruhe spielen lassen: Irgendwann werden die Schwachen wegbleiben. Tatsächlich ist es noch eher so, dass der Lehrer anderen Bullies zeigt, wie sie auf den Spielplatz kommen.
Die Frage ist, ob Plattform-Unternehmen wie YouTube, Facebook und Twitter dauerhaft diesen Spagat leben können: Auf der einen Seite so tun, als sein ihnen Vielfalt und eine offene Gesellschaft wichtig und auf der anderen Seite zulassen, dass Menschen von Leuten wie Steven Crowder von der Plattform verdrängt und stumm gemacht werden.
Entweder muss YouTube dafür sorgen, dass nicht mehr alles auf der Plattform zugelassen ist und tatsächlich anfangen zum Beispiel LGBT-Personen zu fördern, oder sich eingestehen, dass es nicht diese Art Unternehmen ist. Dann kann es sich die Pride-Aktionen sparen.
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