Es ist das Schweizer Messer unter den Apps: In einem Video stellte die New York Times im August die chinesische App WeChat vor. Wer die Zukunft des Internets erfahren wolle, müsse nach China schauen.
Bisher war das Land weitestgehend vom restlichen Internet abgeschnitten. Weil dadurch beliebte Dienste wie Facebook, Youtube und Google nicht erreichbar waren, haben die Chinesen sie kopiert. Doch die Zeit des Nachahmens scheint vorbei. Denn WeChat geht viel weiter als unsere Apps bisher. Radikal integriert es eine Vielzahl Dienste: Aus einem Chat heraus kann man einkaufen, buchen, bezahlen, überweisen, weiterempfehlen und bewerten.
In dem Beispiel verabreden sich Freunde per Chat in einem Restaurant, bestellen ein Taxi, auf dem Weg wählen sie bereits ihr Essen, das Restaurant bekommt die Bestellung und weiß, wenn die Freunde dort eintreffen. Sie fotografieren das Essen, schreiben eine kurze Kritik. Eine Person bezahlt und die andere überweist ihren Anteil. Alles, ohne auch nur ein einziges Mal die App zu verlassen.
Wenn man mich vor zehn Jahren gefragt hätte: So habe ich mir die Zukunft vorgestellt. Für die Benutzer ist das wie Science Fiction – aber das ist heute schon in China möglich. Westliche Unternehmen haben ein Vorbild, an dem sie sich orientieren können.
Im Facebook-Messenger gibt es bereits seit einiger Zeit Bots, die Wünsche der Nutzer erfüllen sollen. Und es ist kein Zufall, dass Facebook mit Whatsapp den größten Messenger gekauft hat und die Dienste jetzt nach und nach verbindet. Auch Googles gerade gestarteter Messenger „Allo“ enthält einen Assistenten.
Für Google und Facebook ist es natürlich ein Traum: Die Nutzer machen idealerweise nichts anderes mehr, als ihren Dienst zu nutzen. Die Unternehmen wissen dafür, was die Nutzer machen, wann sie wo sind, mit wem sie dort sind, wie viel sie dort für was bezahlen.
Das Video der New York Times endet im Abspann mit einem Ring, wie dem aus dem „Herrn der Ringe“ – der eine „Ring, sie zu knechten“, wie es in dem Roman heißt.
Erst wenn Du das Video startest, werden Daten an YouTube übermittelt. Siehe Datenschutzerklärung
Dieser Artikel ist zuerst bei shz.de erschienen.
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