„Reißt euch endlich zusammen!“ ruft Journalist Daniel Bröckerhoff seinen Lesern entgegen. Er beklagt, den reflexhaften Hohn, der immer dann durchs Netz schwappt, wenn irgendein Politiker etwas über das Internet gesagt hat, was nicht ganz Mainstream ist. Sein Rat: „Verschwendet eure Zeit nicht weiter mit Pöbeln! Es ist kontraproduktiv, pubertär und kostet Zeit und Energien, die woanders gebraucht werden.“
Tatsächlich wird vieles nur halb so heiß gegessen, wie es gekocht wird. Eine Politikeräußerung ist keine Politikeräußerung. Und beachtet werden muss auch immer, ob jemand überhaupt in der Position ist, mehr zu tun als nur zu reden.
Was mich stört ist das Reflexhafte an den Reaktionen der Netzis – das ist inzwischen genauso erwartbar, wie die Forderung nach mehr Sicherheit, wenn irgendwo etwas passiert. Wir sollten uns daran gewöhnen: Irgendwer wird immer mehr Sicherheit haben wollen. Dazu kommt, dass der Aufhänger oft ein gewolltes Missverständnis ist. Wenn der Uhl sagt, etwas sei „im Internet geboren“ ist das eine Metapher. Und Metaphern passen nie 100%. Leute wie Martin Haase haben inzwischen ein ganzes Showprogramm aus bewussten Missverständnissen aufgebaut („Oho, jemand hat Datenautobahn gesagt, dabei hat das Internet doch gar keinen Mittelstreifen. hahaha“), mit dem sie von Veranstaltung zu Veranstaltung tingeln und das Nerdherz streicheln. Statt über Sementik zu streiten sollten wir, wie es Daniel Bröckerhoff vorschlägt, an sinnvollen, nachhaltigen Dingen arbeiten.
Schaut Euch doch auch mal an, was bisher passiert ist: Netzsperren sind nicht gekommen, Vorratsdatenspeicherung wird immer unwahrscheinlicher, der Bundestrojaner ist irrelevant mittlerweile. Viele von den ganz schlimmen Themen spielen kaum mehr eine Rolle. Stattdessen sprechen wir in der Internet Enquete tatsächlich über die Chancen des Netzes und die Parteien probieren aus, wie sie ihre Arbeit um das Internet erweitern.
Es gibt eine Menge Leute auch in Parteien, die sich ernsthaft mit dem Netz auseinander setzen. Für die ist das alles andere als hilfreich, wenn regelmäßig Shitstorms losbrechen. Und ich muss sagen, ich finde es passt auch nicht zum Umgang unter Demokraten. Freiheit ist immer Freiheit der Andersdenkenden.
Links
- Daniel Bröckerhoff: Reißt euch endlich zusammen!
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