Sie sollen Schuld daran sein, dass junge Menschen mit Waffen in ihre Schulen rennen, um ihre Lehrer und Mitschüler zu töten. Aber was steckt eigentlich dahinter? Davon hat der Durchschnittsdeutsche offenbar genauso wenig Ahnung, wie die Politiker, die zur Zeit am lautesten tönen.Von Menschen, denen es nicht um Effekthascherei und und Meinungsmache geht, werden „Killerspiele“ normalerweise als Ego-Shooter oder Taktik-Shooter bezeichnet. „Ego-Shooter“ weil man in diesen Spielen in der „Ich“-Perspektive durch den virtuellen Raum läuft. In den Bildschirm hinein ragt nur eine Hand und die Waffe, die man trägt.
In diesen Spielen gibt es meistens einen Modus, in dem sich ein einzelner Spieler durch eine Story-Line spielt. Je nach Hintergrund des Spiels gilt es die Nazis am Gewinnen des zweiten Weltkriegs zu hindern, die Welt von Aliens zu befreien oder sich als Agent geheime Informationen zu verschaffen. Hier kämpft man – zumindest soweit ich mich auskennen – fast immer auf der guten und gerechten Seite.
Zu einem erfolgreichen Spiel gehört vor allem ein Mehrspieler-Modus. Damit können mehrere Spieler über das Internet gegeneinander antreten. Dabei gibt es dann natürlich keine Storyline mehr. Die Urform des Mehrspieler-Modus ist das „Deathmatch“ – hier spielt jeder gegen jeden.
Weit beliebter, weil anspruchsvoller, sind die Modi, in denen man mit anderen in einem Team gegen ein anderes Team antritt. Dann geht es fast nie darum das andere Team auszulöschen. Es gibt ein Ziel: In CounterStrike muss das eine Team innerhalb einer knappen Zeit Geiseln befreien und das andere Team muss das verhindern. Dabei wird es für beide Teams bestraft, wenn den Geiseln etwas zustößt. Oder das eine Team muss ein Ziel sprengen und das andere muß dies verhindern.
Ob nun die gute Polizei gegen die bösen Terroristen antritt, oder die guten Freiheitskämpfer gegen die Polizei eines Terror-Regimes, ist der Fantasie überlassen und unwichtig. In jedem Fall kann aber eine Runde auch gewonnen oder verloren werden, ohne das ein einziges Pixelmännchen „getötet“ wird. Da man mit „voll drauf los“ meistens nicht weit kommt, nennen die Spieler ihr Genre auch „Taktik-Shooter“.
Viele regelmäßige Spieler tun sich in sogenannten Clans zusammen und treten nach festen Regeln in Spielen gegeneinander an. In Ligen wie der hoch-organisierten ESL (electronic sports league) können sich die Teams miteinander messen. Dazu müssen die Spieler sich zu Trainings-Spielen verabreden und zuverlässig bei den Treffen online sein. Im Gegensatz zum Fußball-Verein organisieren sich die Jugendlichen vollkommen selbst über selbstgestaltete Homepages, Chats und Foren.
Sicher sehen diese Spiele sehr realistisch, wenn man den Spielern über die Schulter guckt. Das ist für den Spieler aber nebensächlich. Er hat sein Ziel vor Augen: Geiseln befreien oder Öltanker verteidigen. Dazu muss er sich überlegen, woher die Gegner kommen können, wie schneller er wo sein kann. Er muss eine gute Kenntnis der virtuellen Umgebung haben und die verschiedenen Waffen mit ihren Stärken und Schwächen kennen: Mit einer Schrotflinte kann man einem Gegner über 100m nicht einmal einen Schrecken einjagen bzw. in der Kanalisation ist das Scharfschützengewehr zu unflexibel. – Zu behaupten, dass es beim Spielen nur ums Töten ginge, ist so oberflächlich, wie zu behaupten, dass es beim Paartanz nur ums Befummeln geht. Und das Computerspielen bereitet auf das reale Töten ungefähr genausogut vor, wie das Tanzen auf den Geschlechtsakt.
Dazu kommt, dass diese Spiele nur grafisch realistisch sind. Funktional unterscheiden sie sich stark von der echten Welt – töten kann man hier nicht üben. Wie die Realität aussähe, wenn sie wie bei CounterStrike wäre, haben ein paar Jugendliche in „Conterstrike – Der Film“ nachgestellt. Übrigens ist Counterstrike der am weitesten verbreitete Taktik-Shooter, aber relativ unblutig.
Diese Computerspiele sind bestimmt nicht für ganz junge Kinder geeignet. Für viele Jugendliche gehören sie aber zur Jugendkultur – wie Handy, HipHop und Disko. Die allermeisten werden niemals Amok laufen und sicher ganz hervorragende Bürger.
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