Disruption! Das Zauberwort der Digital-Wirtschaft. Ständig in Bewegung. Daueraktiv. Dem Trend voraus. Vergesst das Gestern oder ihr werdet morgen vergessen sein. Man hat den Eindruck, alles wird immer schneller und man muss da mithalten, um nicht unter die Räder zu kommen. Holm Friebe setzt diesem Zeitgeist seine „Stein-Strategie“ entgegen.
Der Torwart hat beim Elfmeter keine Chance mehr als zu raten, wohin der Schuss geht. Statistisch ist das gleich oft rechts, links oder die Mitte. In der Mitte aber, ist die Wahrscheinlichkeit höher, dass er den Ball auch tatsächlich hält. Der Torwart wäre also klug, häufiger in der Mitte stehen zu bleiben. Allerdings sieht das doof aus, wenn er da steht und der Ball ob in die Ecke geht. Wenn er sich dagegen engagiert nach links wirft und der Ball geht in die Mitte, bekommt er zumindest den Respekt für seinen Einsatz.
„Wenn Du Dich bewegst, musst Du wissen, wohin. Wenn Du Dich nicht bewegst, musst Du wissen, warum.“
In vielen Situationen gibt es diesen „Action Bias“ – die Vorliebe der Menschen für Aktivität. Man kann doch nicht einfach daneben stehen und nichts tun. Auch wenn genau das das Richtige sein könnte. Holm Friebe fordert aber nicht zum Nichts-Tun auf. Er will das Nicht-Handeln als Option rehabilitieren. „Der frühe Vogel fängt den Wurm.“ – dieser Parole der Daueraktiven setzt Holm Friebe entgegen: „Die zweite Maus bekommt den Käse.“
Oft haben sich gerade die Dinge durchgesetzt, die als unmodern galten. Jede Stadt kann froh sein, die ihre Altbauten nicht in den 1970ern gegen breite Straßen eingetauscht hat. Und in vielen Bereichen ist es geradezu eine Auszeichnung, dass sich die Dinge über lange Zeit nicht verändert haben. Der Manufaktum-Katalog zeigt: „Es gibt sie noch, die guten Dinge.“
„Die Digitalisierung wird das Ende der Arbeit bringen!!!“
Auch vor allzu alarmistischen Experten-Prognosen warnt Holm Friebe. Von denen solle man sich nicht nervös machen lassen. Wissenschaftlich nachgewiesen sind gerade die größten Experten schlecht darin, die Zukunft vorherzusagen. Sie liegen ungefähr so oft daneben, wie der Zufall. Sie überschätzen ihr eigenes Fachgebiet und dessen Einfluss auf die Zukunft. „Je größer die mediale Präsenz eines Experten, desto schlechter seine Vorhersagen,“ zitiert Holm Friebe den Soziologen Philip Tetlock. Der hat über 20 Jahre empirisch Experten-Vorhersagen mit der Realität abgeglichen und diese ernüchternde und beruhigende Feststellung gemacht.
Nicht nur Philip Tetlock bietet Argumente gelassen zu bleiben. Ein weiteres Beispiel ist der Gartner Hype-Cycle Jackie Fenn. Der zeigt auf, wie Technologien regelmäßig in ihrer Wirkung vollkommen überschätzt werden, dann zunächst unbedeutend werden, bevor sie auf einem wesentlich niedrigeren Niveau sinnvoll eingesetzt werden.
„Von Steinen lernen, heißt liegen lernen.“ – Robert Gernhardt
„Die Steinstrategie“ ist eine Parodie auf Manager- und Lebensratgeber, hinterfragt listig die scheinbaren Gewissheiten der Zeit und bietet eine Philosophie der Gelassenheit für das Entschlossene Nicht-Handeln, wenn Handeln keine gute Alternative ist. Sie liefert aber keine Entschuldigung für Prokrastinierer und Faulenzer, sondern favorisiert das Handeln im richtigen Moment. Holm Friebe hat sich mit einer Menge Wissenschaft und Philosophie zum Thema beschäftigt und dieses Wissen mit allerlei unterhaltsamen Stein-Sprüchen verarbeitet. Das Buch ist 2013 im Hanser Verlag erschienen, hat 214 Seiten und kostet 14,90 Euro.
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