Blockchain bleibt eine Lösung für die es kein Problem gibt. Auf der Suche nach einer sinnvollen Anwendung für die Technologie, ist irgendwer auf die Idee gekommen, dass man damit Eigentumszertifikate erstellen und handeln könnte – sogenannte Non-Fungible Tokens (NFT).
Was sind NFTs?
Normalweise haben digitale Objekte wie beispielsweise Bilder, JPGs, die Eigenschaft, dass sie ohne Verluste unendlich oft kopiert werden können. Es gibt kein Original, sondern nur eine erste Kopie.
Ein NFT ist eine digitale Eigentumsurkunde für ein digitales Objekt. Wer dieses Zertifikat hat, dem gehört das dazugehörige Objekt. Das soll vor allem Künstlerinnen und Künstlern helfen, Geld mit ihrer digitalen Kunst zu verdienen.
Als erstes benötigt man dafür eine Blockchain. Das ist so etwas wie ein digitales Kassenbuch, in dem man neue Buchungen (blocks) immer hinten anhängt (chain). Das Konzept ist aus den 1990er-Jahren und basiert auf Verschlüsselung. Der Vorteil soll sein, dass niemandem so eine Blockchain gehört und alle sie benutzen können. Man muss keiner Organisation vertrauen. Die Buchungen sind alle öffentlich nachvollziehbar.
NTFs, „Non-Fungible Tokens“, heißen übersetzt so viel wie „nicht-ersetzbare Zertifikaten“. Sie sind eine spezielle Form der Buchung auf so einer Blockchain. So ein Zertifikat soll die Echtheit und das Eigentum an einem digitalen Gegenstand nachweisen.
NFT sind kein Dateiformat mit DRM
Als ich irgendwann vor einem Jahr das erste Mal von NFT gehört habe, dachte ich zuerst noch, es handele sich um ein neues Dateiformat mit eingebautem Digitalen Rechtemanagement (DRM).
Das gibt es schon länger vor allem für Videostreams. Die lassen sich dann nur auf berechtigten Geräten abspielen. Bei Musik ist man davon schon wieder weg. Wer heute Musik kauft, kauft in der Regel MP3s ohne Rechtemanagement.
Ich fand DRM immer doof, weil man die gekaufte Musik dann nicht mehr auf dem PC, dem Laptop und dem Handy abspielen konnte, ohne überall die spezielle Software des Musikhändlers laufen zu haben. Aber das war noch zumindest aus Perspektive der Musikhändler sinnvoll.
Der Schwachsinn beginnt
NFTs sind wirklich nur das digitale Zertifikat, dass einem einem Datei unter einer bestimmten URL gehört. Oft sind das offenbar Dateien die in einem fremden Google Drive liegen. Die Dateien kann man sich weiterhin einfach kopieren und ohne Zertifikat nutzen. Wenn jemand die Datei löscht oder verschiebt, hat man nur noch das Zertifikat.
Man kann auch einfach für die gleiche Datei ein weiteres Zertifikat anlegen und das verkaufen. Dann gibt es zwei Zertifikate für die gleiche Datei. Man kann sich also nicht sicher sein, ob man so einen Token wirklich von jemandem kauft, der Rechte an der Ursprungsdatei hatte.
Die Regeln für den Handel mit NFT kann man nicht beeinflussen, weil der über eine Hand voll privater Börsen abläuft und es ist absehbar, dass diese Börsen irgendwann zu einer Börse wird. Es ist einfach nicht praktisch, seine digitalen Zertifikate über verschiedene Dienste verteilt zu haben. Nicht einmal der Traum der Dezentralität wird damit also erfüllt.
All dieser Quatsch passiert gerade! Mal als Beispiel: Jemand hat tatsächlich ein NFT für den ersten Tweet des Twitter-Gründers Jack Dorsey erzeugt und wollte den verkaufen. Die NFT-Börse von Cent hat wegen des massenhaften Auftreten solcher Fälle den Handel mit NFTs ausgesetzt.
Kurz: Du kaufst ein Zertifikat, das besagt, dass Du die Original „Mona-Lisa“ gekauft hast. Das Bild bleibt aber im Louvre. Man schickt Dir eine Kopie des Bildes. Von dem machst Du ein Foto und hängst es Dir an die Wand. Aber Du hast ja das Zertifikat! Du musst nur hoffen, dass das Zertifikat zumindest vom Louvre ausgestellt wurde und nicht von Crypt0Dude95.
Hypes will be Hypes
Es liegt in der Natur des Hypes, dass Dinge überschätzt werden. Oft gibt es aber einen nützlichen Kern, der sich mit der Zeit heraus schält. Der Gartner Hype-Cycle beschreibt genau diesen Zyklus: Eine Idee steigt auf bis zum Gipfel der überzogenen Erwartungen, dann stürzt sie ab ins Tal der Enttäuschung, steigt dann über den Pfad der Erleuchtung auf das Plateau der Produktivität.
Gartner gibt jedes Jahr eine neue Prognose heraus, welche Idee sich gerade an welchem Punkt dieses Zyklus befindet. NFTs befinden sich gerade am Peak, besagt der Bericht für 2021.
Der nächste Hype ist dann Web3. Dem gesamten Internet sollen Blockchains und NFTs untergeschoben werden. Das läuft auch schon großartig, wie man bei web3isgoinggreat.com nachlesen kann.
Alles was derzeit mit Blockchains gemacht wird, ist entweder technischer Dilettantismus oder Abzocke. Die „Crypto-Typen“ laufen in der Gegend herum, und versprechen, dass auch Du das große Geld damit machen kannst. Warum verraten die, wie das geht? Weil die ihr Geld damit machen, dass Du es ihnen gibst.
Links
- Logbuch Netzpolitik: Das Geld ist nicht weg, es ist nur woanders
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