Die Bilder sind gestochen scharf auf riesigen Fernsehern, wie man sie sich früher nur in Raumschiffen vorgestellt hat. HDTV verspricht ein völlig neues Fernseherlebnis. So wie es zur Zeit aussieht, wird sich beim Fernsehen tatsächlich einiges ändern – aber zum Guten? Die Privatsender planen den Umstieg auf ein restriktives Pay-TV.
Sie nennen es nicht Pay-TV, sondern HD+ – dabei müsste das Plus eigentlich ein Minus sein, denn mehr gibt es nicht fürs Geld. Zu Empfang der HD-Programme von unter anderem VOX, RTL, Sat1, ProSieben erhält man eine kostenlose Smart-Card für die ersten 12 Monate. Danach muss die SmartCard für eine „Service-Gebühr“ von 50,- EUR „erneuert“ werden.
Was ist anders an HD+?
Während die öffentlich-rechtlichen Sender frei empfangbar über Satellit auch ein HD-Signal übertragen, das mit normalen HD-Receivern genutzt werden kann, benötigt man für den HD+-Empfang von Sendern wie RTL, Sat1 oder ProSieben einen HD+fähigen Receiver. Wer also den Verlockungen der Werbung im letzten Jahr erlegen ist, kann sich jetzt einen neuen Receiver kaufen.
HD+ ist prinzipiell das gleiche wie HD, basiert aber auf dem umstrittenen Standard CI-Plus. In der Wikipedia sind die „Zusatzfeatures“ von CI-Plus zusammengefasst: Die Sender können mit CI-Plus für jede einzelne Sendung:
- „die Aufnahme gänzlich unterbinden
- die Wiedergabe von TV-Aufnahmen zeitlich begrenzen (zwischen sechs Stunden und 61 Tagen)
- zeitversetztes Fernsehen gänzlich unterbinden oder begrenzen (zum Beispiel nur bis 90 Minuten nach Sendungsende)
- TV-Aufnahmen unter Einsatz des individuellen Keys des DVB-Recoders an das jeweilige Gerät binden, die dann nicht von anderen Geräten wiedergegeben werden können
- festlegen, ob und in welcher Auflösung (evt. Downscaling auf SDTV) die Videoausgabe über den analogen Ausgang (z. B. SCART) erfolgen soll und ob diese mit einem Kopierschutz (Macrovision) versehen wird, wie etwa bei HDTV-Sendungen.
Die CI+-Technologie beinhaltet noch weitere Änderungen gegenüber dem heutigen CI‑1.0‑Standard:
- CI+ verschlüsselt den entschlüsselten TV-Content erneut, so dass er nicht an anderen Schnittstellen abgegriffen werden kann.
- Es wird nicht mehr möglich sein, mehr als eine Sendung auf einmal zu entschlüsseln, so dass Twintuner-Lösungen nicht mehr sinnvoll sind.
- Es wird nicht mehr möglich sein, mehr als ein Pay-TV-Angebot zu entschlüsseln, soweit diese unterschiedliche Verschlüsselungen anwenden (Twin- oder Multi-CAM), z.B. Arena+Sky oder ORF+SF+SkyAT. Damit ist der Endkunde noch enger an einen Broadcaster gebunden.
- Die Ausgabe von HD-Signalen wird nur an HD ready-zertifizierten Geräten möglich sein, da nur diese eine durchgehenden Verschlüsselung des Datenstroms bis zum Display via HDCP unterstützen.
- Das vom „CI+-Konsortium“ (CI Plus LLP) beauftragte Trustcenter kann CI+-kompatible Geräte beim Anwender vor Ort außer Betrieb setzen (z.B. wenn festgestellt wird, dass ein Gerät den Kopierschutz kompromittiert).“
Die Fernsehsender wollen also den Weg gehen, den die Musikindustrie mit DRM gegangen ist, ohne zu bemerken, dass die Kunden das nicht wollten und DRM bei Musik zu Recht tot ist. Moderne digitale Geräte sind Alleskönner und die Kunden wissen das. Sie werden unzufrieden, wenn sie nicht alles tun dürfen, was sie eigentlich könnten. Man wird in Zukunft dafür bezahlen müssen, Sender zu empfangen, die einen zum Sehen der Werbung sogar in Aufnahmen zwingen und bekommt dafür „nur“ ein besseres Bild. Die Inhalte sind die gleichen.
Links
- Digital Room: Die Wahrheit über CI+ (Video)
- Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen: Beim Kauf aktueller HD-Receiver droht eine Fehlinvestition
- ASTRA: Ich schau HDTV [pdf]
- Wikipedia: HD+
- Wikipedia: CI+
Foto: photocase.com| rowan
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