ich habe Sie immer für einen intelligenten Menschen gehalten. Heute aber lese ich, das Sie sich von der Musikindustrie für deren Propaganda-Kampagne einspannen lassen.Seit Jahren tut die Musikindustrie so, als würden ihre geschrumpften Einnahmen allein durch das sogenannte „raubkopieren“ begründet. Da werden dann vermutete Zahlen von kopierten CDs und vermutete Zahlen von Downloads 1:1 in „gestohlene“ CDs umgerechnet. Dann wird der Begriff des „geistigen Eigentums“ drübergestülpt und fertig ist die Erklärung.
Der Begriff „geistiges Eigentum“ ist irreführend: Wenn Sie eine Gitarre haben und ich nehm sie ihnen weg, ist es klar, dass sie sich beschweren. Immerhin haben Sie eine Gitarre weniger. Wenn Sie ein Lied erfinden und ich sing es unter der Dusche nach, haben Sie immer noch genauso viele Lieder geschrieben wie vorher. Von Eigentum und dem Diebstahl geistigen Eigentums kann man also nicht sprechen. Deshalb ist auch der Diebstahl einer CD nicht mit der Kopie einer CD gleichzusetzen.
Dazu sagt die Musikindustrie nie, dass sie Konkurrenz bekommen haben: Jugendliche haben inzwischen Handy, die viel Geld kosten. Es gibt Computer und Spielekonsolen usw. Jeder kann sein Taschengeld nur einmal ausgeben – da bleibt halt weniger für Platten übrig. Da kommen dann vielleicht einige auf die Idee sich kostenlos noch ein wenig Musik dazu zu laden.
Hinzu kommt, dass die Musikindustrie die Entwicklung einfach völlig verschlafen hat und bis vor Kurzem nie ernsthaft versucht hat, den Online-Trend zu bedienen. Statt gute Angebote zu machen, hat sie sich auf den Kampf gegen die zahlende Kundschaft konzentriert: Wer CDs gekauft hat, konnte sich dank Kopierschutz nicht mehr darauf verlassen, dass die Original-CD in jedem Player läuft. Und wer DRM-geschützte MP3s gekauft hat, konnte damit nicht mehr so flexibel umgehen, wie die Leute, die illegale MP3s benutzen.
Ich denke aber, dass Sie mit ihrem offenen Brief zu spät kommen. Das Problem wird gerade gelöst:
1. Ich kann mir auf hunderten Internet-Sendern zu jeder Zeit jede beliebige Musikrichtung legal anhören.
2. Ich kann mir zum Beispiel auf listen.grooveshark.com jederzeit fast jedes beliebige Lied anhören. Dort kann ich mir die MP3s DRM-frei auch kaufen – das ist aber nur nötig, wenn ich die Musik auch mobil dabei haben will. Sonst kann ich kostenlos alles hören, was ich hören will.
Der Schrei nach dem starken Staat kommt zu spät. Vielleicht sollte die ganze Branche die Hörer mal wieder als Kunden und nicht als Feinde sehen, denn auch die Leute, die Musik illegal herunterladen kaufen hin und wieder Musik – und wenn sie nur zu Konzerten gehen.
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