Das Kieler Stadtarchiv hat eine neue Online-Fotodatenbank gestartet, in der 15000 gemeinfreie oder frei lizenzierte historische Foto von Kiel zu finden sind. Das Bundesarchiv hat vor ein paar Jahren einmal der Wikipedia Fotos zur Verfügung gestellt. Aber soweit ich weiß, machen das noch nicht allzu viele Archive – dabei ist das die einzige Chance für die Öffentlichkeit, an den Bilderschatz des 20. Jahrhunderts zu kommen.
70 Jahre über den Tod des Fotografen hinaus sind Bilder urheberrechtlich geschützt. Erst danach sind sie gemeinfrei und können einfach so verwendet werden. Es sind also nur extrem alte Fotos bisher gemeinfrei und solche von Fotografen, die von den Nazis umgebracht wurden. Die gesamte Bildgeschichte der Bundesrepublik Deutschland ist immer noch komplett geschützt, als wäre sie kommerziell – egal wer aus welchem Grund ein Foto gemacht hat. Erst in den letzten Jahren stellen Fotografen ihre Bilder auch unter Creative Commons frei zur Verfügung – ich mach das zum Beispiel bei meiner Arbeit immer.
Es ist richtig, dass Fotografen mit ihrer Arbeit Geld verdienen. Aber ob bei den Millionen Fotos, die heutzutage gemacht werden irgendein Bild seinen Ersteller noch reich macht, nachdem es das Jahrzehnte nicht getan hat, finde ich fraglich. Und dann könnte man Bilder vielleicht einfach speziell schützen lassen. Besondere historische Fotos könnte man dann in einem Verzeichnis anmelden, wo sie länger geschützt sind. Es wäre dann schlicht praktisch, wenn Fotos gemeinfrei werden, wenn man weiß, dass sie 30 Jahre alt sind und sie nicht in diesem Verzeichnis stehen?
Der Pressefotograf Friedrich Magnussen ist 1987 gestorben. Er hat dem Stadtarchiv seine Fotos mit allen Rechten überlassen. Hätte er das nicht getan, wären die Bilder aus den 1950er-Jahren noch bis zum Jahr 2057 so geschützt, dass man für jedes Foto bei den Erben anfragen müsste.
Vor Kurzem hat mir jemand Fotos geschickt, die vom Bundespresseamt veröffentlicht wurden. Die wurden von Steuergeldern erstellt und es ist Bundeskanzler Willy Brandt drauf zu sehen – vermutlich 1971. Ich habe beim Bundespresseamt angefragt, unter welchen Bedingungen man dieses steinalte Foto von Willy Brandt beim Erbsensuppenessen nutzen kann: „Das Nutzungshonorar bei Internetnutzung richte sich nach der Zeitdauer (ab 40 Euro,- pro Tag zzgl. MwSt.)“ – also wird es niemand jemals nutzen.
Jetzt sind viele der frei veröffentlichten Bilder von Friedrich Magnussen und die Kielerinnen und Kieler könne stöbern und die Geschichte ihrer Stadt entdecken. Das Artikelbild zum Beispiel ist zwar nicht von Friedrich Magnussen, aber es ist trotzdem ein schönes Beispiel: Bei der Geschichtswerkstatt haben wir schon einige Dinge herausgefunden über das Bild. Im Archiv heißt es nur „Kleiner Kuhberg“. Es zeigt aber die Gebäude 18–34. Die Häuser 22–30 gibt es heute nicht mehr. Das sind jetzt zwei Bürogebäude. In dem einen befindet sich die SPD-Landesgeschäftsstelle. Vor dem anderen erinnern Stolpersteine an jüdische Bewohner. Das Haus 18–20 ganz vorne gibt es heute noch. Es hat irgendwann vermutlich in den 1990ern einen Glasvorbau bekommen. Das ist jetzt das Stoffkontor und war schon damals ein Kurzwaren-Großhandel. An der Tür hing ein NSDAP-Schild. Ihr Hakenkreuz-Fähnchen haben aber mehr Anwohner rausgehängt.
Auch für das Kiel Wiki sind die freien Fotos ein echter Schatz. Dank der Creative Commons-Lizenz können die Fotos ins Wiki übernommen und in die Artikel eingebaut werden. So habe ich zum beispiel herausgefunden, warum das Haus bei uns nebenan wesentlich neuer ist, als die anderen in der Steinstraße: Ein Bombe hat den Vorgänger 1941 offenbar so zerstört, dass es abgerissen wurde. Die Steinstraße 9 steht heute noch – allerdings sieht man ihr die Narben von damals noch heute an.
Bisher wurden solche Bilderschätze immer nur für Buchprojekte gehoben und damit gleich wieder in vergriffenen Auflagen vergraben: Aus dem Fotoarchiv ins Bucharchiv. Dank des Kieler Stadtarchivs ist es jetzt möglich, all diese Informationen internet-öffentlich zu machen mit einem fairen Deal: Unter freier Lizenz gibt es 1000 Pixel große Bilder. Zum Angucken reicht das. Wer größere Bilder haben will für Postkarten, Wandbilder oder Bücher, kann sich an das Archiv wenden und sie kaufen.
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