Seit Mitte September wird in New York fast täglich unter dem Motto „Occupy Wallstreet“ gegen extreme soziale Ungerechtigkeiten in den USA protestiert. Mittlerweile wird die Initiative zur Bewegung und greift auf andere Städte über. Parallel dazu gibt es im Internet die Aktion „We are the 99%“, bei der Amerikaner ihre erschreckenden Lebensgeschichten erzählen.
„Welcome to the American nightmare,“ schreibt einer der Teilnehmer bei http://99percent.soup.io Viele der Geschichten ähneln sich: Die Menschen haben alles so gemacht, wie es die Gesellschaft von ihnen bisher verlangte, sie haben sich für einen guten Uni-Abschluss hoch verschuldet und stehen jetzt aber ohne Job, oft ohne Wohnung und fast immer ohne Krankenversicherung da. Und was noch schlimmer ist: Es fehlt die Perspektive, dass sich das noch einmal ändern könnte.
„Der Slogan richtet sich gegen einen zu starken Einfluss der reichsten Amerikaner (1%) auf die Politik und Gesetzgebung, deren hemmungsloser Gier und eine zu banken- und wirtschaftsfreundliche Politik, die dieser entgegen kommt.“ – Wikipedia
So krasse Beispiel wie die aus den USA lassen sich in Deutschland in der Breite vermutlich nicht finden. Dennoch wächst auch hier der Unmut. In immer neuen Runden wird auf verschiedenste Arten Banken Steuergeld zugeschoben. Staaten retten Banken. Dann müssen Staaten Staaten retten, damit die Banken nicht schon wieder gerettet werden müssen. Niemand blickt mehr durch. Und immer steht nicht nur eine Branche, sondern immer gleich die gesamte Wirtschaft und unsere Lebensweise auf dem Spiel. Überrascht wäre wohl niemand mehr, wenn morgen die Nachricht käme, dass das Geld nichts mehr Wert sei.
Ohne einen Schnitt, der wieder dafür sorgt, dass Politik auf Basis demokratischer Willensbildung Entscheidungen auch über Wirtschaft treffen kann, wird das ein Teufelskreis, der am Ende zu einem radikalen Ende führt.
Unternehmen dürften nicht mal im Verdacht stehen, systemrelevant zu sein. Was relevant für den Erhalt der Gesellschaft ist, muss gesellschaftlich kontrolliert werden oder so klein gemacht werden, dass es keine Gefahr mehr darstellt. Ansonsten gelten für eine ganze Branchen weder demokratische noch marktwirtschaftliche Regeln. Und diese regellose Branche kann gar nicht anders, als weiter und weiter gefährlich zu sein. Der Autor Chris Hedges beschreibt genau das in einem Interview.
Es ist gut, dass die Bewegung in den USA wächst, denn ohne die USA kann es so ein Umdenken in Wirtschaft und Politik nicht geben. Und ohne Druck und Rückhalt, kann keine amerikanische Regierung neue Regeln durchsetzen. Bisher ging der einzige gesellschaftliche Druck von der Tea Party Bewegung aus und die wollte das Gegenteil: einen noch extremeren Rückzug des Staates. Sie will einen Staat, der gerade noch für die militärische Sicherung der Außengrenzen und der amerikanischen Interessen in der Welt sorgt.
Obama ist zu seiner Wahl mit dem Slogan „Yes we can“ angetreten. Dieses „Wir“ hat es bisher nicht gegeben. Dieses „Wir“ hatte sich bisher darauf ausgeruht, einen Präsidentschaftskandidaten zu wählen. Dieses „Wir“ entdeckt sich gerade selbst. Und der Ausgang ist ungewiss aber er gibt Hoffnung.
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Bild: Eigene Collage
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