Auch in diesem Jahr war der Kinostammtisch wieder einmal im Monat im Kino. Wieder durfte reihum einer einen Film aussuchen, den die Anderen dann ohne Widerspruch mitsehen mussten. Da der Tag immer feststeht und die Auswahl beschränkt ist, kommen dabei manchmal recht eigenwillige Filme heraus.
Januar – Nocturnal Animals
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Susan Morrow (Amy Adams) ist eine unglücklich verheiratete Galeristin. Von ihrem ersten Ehemann Edward (Jake Gyllenhaal) bekommt sie eines Tages das Manuskript seines neuen Romans zugeschickt. Ab dieser Stelle erzählt der Film zum einen die Geschichte des Romans, immer wieder unterbrochen von Episoden aus der Realität, in der Susan den Roman liest und sich an ihre Zeit mit Edward erinnert. In dem Roman wird eine Familie, Vater, Mutter, Teenager-Tochter auf einer einsamen, nächtlichen Straße in der Texanischen Wüste von drei Männern zum Halten gezwungen. Die Männer entführen die Frauen und setzen den Vater in der Wüste aus. Die Frauen werden vergewaltigt und getötet. Danach macht sich der Vater mit dem grimmigen Polizisten Andes auf die Suche nach den Verbrechern. Am Ende nehmen sie Rache. Susan erschreckt die Gewalt in dem Roman, sie erkennt sich und Edward in dem Roman wieder – Der Vater wird ebenfalls von Jake Gyllenhall gespielt, die Mutter sieht Susan sehr ähnlich. Als sich Susan mit Edward treffen will, versetzt er sie und ihr wird klar, dass sie sich nicht wiedersehen werden.
Gleich vorweg: Mir hat der Film überhaupt nicht gefallen. Bereits nach den ersten Minuten stand zu befürchten, dass der Film vollkommen überladen ist. Ich mag sonst Filme, die zum Deuten und Denken einladen, aber hier hat jede Vase im Bild geschrien: „Ich bedeute irgendwas!“ Während die Entführungsszene ganz zu Anfang extrem spannend war, kam danach nicht mehr viel. Schnell war klar, dass die Frauen tot sind. Die Episode der Rache ist wirklich langweilig dagegen. Zum Schluss hat mich sogar noch das Kamerabild genervt. Die Idee, die Struktur und Teile des Films sind schon gut. Es geht auch darum, was Literatur kann und was wir wissen können. Nocturnal Animals ist kein dummer Film. Er ist für mich nur einfach überhaupt nicht stimmig gewesen. Allerdings muss ich zugeben, dass er einer der wenigen Filme war, über die ich am nächsten Tag noch nachgedacht habe.
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Berlinale 2017
Wir haben bei der Berlinale mal wieder den Siegerfilm gesehen. Insgesamt waren es 12 Filme und 6 Kurzfilme, die wir von Donnerstag bis Sonntag gesehen haben. Den ganzen Bericht gibt es hier.
Februar – Jackie
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Da war ich nicht dabei
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März – Der Junge Karl Marx
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Der Titel verspricht nicht zu viel: Es geht um den jungen Karl Marx (August Diehl) – den brillanten Philosophen und Vordenker der Arbeiterbewegung. Mit 25 Jahren hatte er sich schon einigen Ruhm erworben. Doch der politische Druck in Köln wird immer größer, so dass er 1843 samt Frau Jenny ins Exil nach Paris flieht. Dort beginnt seine Denk- und Sauffreundschaft mit Friedrich Engels. Die Handlung endet 1848 mit dem Manifest der Kommunistischen Partei. All das ist ganz nett erzählt, aber eigentlich erfährt man weder etwas über Marx noch seine Lehren und am allerwenigsten erfährt man über die Arbeiter – um die es eigentlich ging.
9 von 15 Punkte | Wer streamt es?
April – Die andere Seite der Hoffnung
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Aki Kaurismäki. Muss ich mehr schreiben? Was passiert, wenn ein syrischer Flüchtling auf einen finnischen Handelsvertreter trifft, der gerade eher erfolglos auf Gastronom umsattelt? Jede Menge skuriler Dinge. Und am Ende weiß man, wie gut Menschen sein können, wenn sie es denn wollen.
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Mai – Einsamkeit und Sex und Mitleid
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Da war ich nicht dabei
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Juni – Rückkehr nach Montauk
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„Es gibt nur zwei Dinge, die wichtig sind im Leben: Das eine, das Du getan hast und bereust. Und dann ist da das, das Du nicht getan hast, aber hättest tun sollen. Aber dafür ist es zu spät,“ sagt der Schriftsteller Max Zorn in „Rückkehr nach Montauk“ von Volker Schlöndorff. Er fühlt sich immer noch hingezogen zu seiner Ex Rebecca, obwohl er inzwischen schon längst mit Clara zusammen ist. Auf einer Reise nach New York, versucht er an die alten Zeiten mit Rebecca anzuknüpfen. Doch auch die hat in den vergangenen 17 Jahren gelebt und nicht gerade auf Max gewartet.
Zu Anfang war mir der ganze Film zu konstruiert. Aber er basiert nun einmal auf der Erzählung „Montauk“ von Max Frisch. Und nach und nach wird die Erzwählweise auch stimmiger. Am Ende hat mir „Rückkehr nach Montauk“ sehr gefallen.
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Juli – Sommerfest
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Der mäßig erfolgreiche Theaterschauspieler Stefan Zöllner lebt inzwischen in München. Als aber sein Vater stirbt, kehrt er für ein paar Tage zurück nach Bochum, um den Haushalt aufzulösen und die Beerdigung zu arrangieren. Er trifft auf alte Freunde und seine Jugendliebe Charlie. „Warum ist aus Euch zwei eigentlich nie etwas geworden?“ fragen sich nicht nur die Freunde – auch Stefan und Charlie.
Der Film basiert auf dem Roman von Frank Goosen. Und das bedeutet, dass der Ruhrpott in Sönke Wortmann eine zentrale Rolle spielt. Wie war es früher? Wie ist es heute? Früher als die Arbeiter sich noch in der Kneipe mit der Bundeskegelbahn trafen. Früher als in den Zechen noch Kohle gefördert wurde. Stefans Jugendfreund Frank ist heute Museumsdirektor auf der Zeche Hannover. Die Zeche, auf der sein Vater damals malocht hat. Heute finden dort Kultur-Events statt. Doch die Autobahn 40 heißt dort immer noch B1 und der Kreisliga-Fußball ist fast so wichtig, wie die Bundesliga.
Nun komm ich nicht aus der Gegend. Das Lokalkolorit betrachte ich dann doch mit einiger Distanz. Aber dieses Gefühl, in die Heimat zurück zu kommen, und zu beobachten, was sich verändert hat und was die Konstanten sind, das kenn ich auch. Das ist schon sehr schön in dem Film.
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August – The Party
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Der Film ist schwarz/weiß und spielt ausschließlich in einer Wohnung. Das kann nur bedeuten, dass die handelnden Personen eine Menge miteinander reden. Und wie sie reden! Eigentlich sind die Gäste der „Party“ zusammen gekommen, um zu feiern, dass Janet (Kristin Scott Thomas) zur Schattenministerin im britischen Unterhaus ernannt wurde. Doch gefeiert wird nicht. Die sieben Gäste schenken einander nichts. Janets Mann Bill (Timothy Spall) enthüllt, dass er tödlich an Krebs erkankt sei und Janet für die wesentlich jüngere Marianne verlassen will. Mariannes Mann Tom (Cillian Murphy) weiß von der Affäre, ist auch vor Ort, vollgekokst und fest entschlossen sich an Bill zu rächen. Wer diese Art Kammerspiele mag, bei denen jede Zeile wie ein Peitschenhieb wirkt, wird mit „The Party“ von Sally Potter seinen Spaß haben. Ein toller Film mit einem grandiosen Soundtrack.
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September – Magical Mystery oder die Rückkehr des Karl Schmidt
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Eine Sven Regener Verfilmung. Schräge Typen, die schräge Sachen erleben. Diesmal dreht sich die Geschichte nicht um Herrn Lehmann, sondern um Karl Schmidt. Was aus dem wurde, war ja am Ende von „Herr Lehmann“ unklar. Der lebt jetzt in einer betreuten WG und Kaffee und Zigaretten sind seine einzigen Drogen. Doch dann geht lässt er sich überreden mit einer Meute befreundeter Raver und den Meerschweinchen Lolek und Bolek auf Tour zu gehen. Was soll dabei schon herauskommen?
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Oktober – Porto
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Wenn man die Geschichte nicht in der richtigen Reihenfolge erzählt, kommt man zwischendurch zu den falschen Schlüssen. Drei mal setzt der Film an, um die Geschichte von Jake und Mati zu erzählen. Beide sind fremd in Porto, beide sind auf der Suche. Sie stürzen sich in eine leidenschaftliche Affäre – für eine Nacht. Dann ist alles anders. Doch auch wenn der Zuschauer am Ende alle Teile des Puzzles in der Hand hat, ergibt sich kein endgültiges Bild. Schön und verwirrend.
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November – Casting
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Dezember – Aus dem Nichts
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Fatih Akins neuer Film – angelehnt an die Geschichte des Nationalsozialistischen Untergrunds (NSU). Katjas (Diane Kruger) Mann Nuri (Numan Acar) und Sohn sterben in einem Bombenattentat. Weil Nuri türkischstämmig und wegen Drogenhandels vorbestraft ist, vermutet die Polizei die Täter in der türkischen Drogenszene. Doch Katja hat die Täterin gesehen und ist sich schnell sicher: Das waren Nazis. Die Polizei glaubt ihr nicht, bis sie die Täter findet und sie tatsächlich Nazis sind. Im Prozess werden die Täter freigesprochen. Katja ist verzweifelt und beschließt, selbst zu handeln. Diane Kruger ist eine hervorragende Hauptdarstellerin. Ihr Leiden als Frau, die Mann und Kind verlor, ist schrecklich glaubhaft. „Aus dem Nichts“ ist ein wirklich guter Film, bei dem man in keinem Moment weiß, was als nächstes passiert. Sonst heißt es ja oft „Ja, der Film ist gut – für einen deutschen Film.“ Dieser Film ist auch auf internationalem Niveau richtig gut. Ich hätte dem Film ohne zu zögern die volle Punktzahl gegeben, aber unser „mitreisender“ Jurist war sich sicher, dass niemand bei dieser Beweislage freigesprochen würde. Wenn der Film aber darüber spekuliert, was es aus den Angehörigen macht, wenn das Rechtssystem keine Gerechtigkeit schafft, dann muss die Behauptung über das Rechtssystem zumindest plausibel sein. Aber: Schaut Euch diesen Film an!
14 von 15 Punkten | Wer streamt es?
Insgesamt war das ein ganz ordentliches Filmjahr. Zwischendurch war ich nicht im Kino – zusammen aber mit den Filmen auf der Berlinale waren es in diesem Jahr 24 Filme. Ich empfehle „Aus dem Nichts“, „The Party“ und „Rückkehr nach Montauk“ – „Die Andere Seite der Hoffnung“ ist etwas für Kaurismäi-Fans. In diesem Jahr fehlte die französische Komödie und die Filme, die nicht aus den USA oder Europa kommen. Das wünsche ich mir für nächstes Jahr.
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