Google hat jetzt einen eigenen Browser veröffentlicht – so what!? Es gibt schon eine Reihe anderer Browser (Safari, Konqueror, Internet Explorer, …), die ich nicht benutze. Dann gibt es halt noch einen mehr. Leider ist die Sache nicht ganz so einfach, wenn man als Webentwickler sicher gehen will, dass alle Besucher einer Site ein halbwegs erträgliches Ergebnis zu sehen bekommen.
Die Idee für Chrome ist sicher nicht ganz schlecht: Die ersten Browser hatten nur eine Funktion und von der haben sie auch Ihren Namen: Man hat damit Seiten „geblättert“. Heute aber kann man einkaufen, Videos schau, chatten und mehr und mehr Application wandern vom Desktop in den Browser: Web-Mailer, Online-Fotoverwaltungen und ‑Textverarbeitungen sind da nur die Speerspitze.
Wer in Zukunft ein breites Publikum ansprechen will und die Entwicklungskosten minimieren muss, wird plattformunabhängig arbeiten. Das hat sich mit Java nie richtig durchgesetzt, weil man Java extra installieren musste und die Virtual Machine an sich hatte erstmal keinen Nutzen. Browser aber hat jeder installiert – sie kommen mit dem Betriebssystem.
Browserhersteller tun also gut daran, diesen Trend mit ihrer Software zu unterstützen. Aber warum gerade Google? Weil sie es können! Genauso wie Apple mit dem iPhone den Mobilfunkmarkt aufgeschreckt hat, wird Google diese Entwicklung im Browserbereich beschleunigen.
Was spricht gegen Chrome?
Google sammelt Daten in allen Bereichen des Internets und lässt sich dafür jeweils unbeschränkte, weltweite, kostenlose Nutzungsrechte an den erstellten Inhalten einräumen – so auch für Chrome. Zumindest in den ersten Tagen, bis es den ersten Benutzer auffielt:
„..working quickly to remove language from Section 11 of the current Google Chrome terms of service. This change will apply retroactively to all users who have downloaded Google Chrome.“
Da hat doch einfach jemand per copy&paste die Standard-Nutzungsbedingungen übernommen, obwohl die auf den Browser gar nicht passten… Was Google zum Flüchtigkeitsfehler herunterspielt – man könne natürlich nicht die Rechte an all den Inhalten bekommen, die die Benutzer erstellen – zeigt, wes Geistes Kind diese Firma mittlerweile ist: Google bietet Dienstleistungen kostenlos an und bekommt dafür die Nutzungsrechte an den Erstellten Inhalten. Zunächst um damit gezielter Werben zu können. Daran ist natürlich nichts Verwerfliches – man sollte sich als „Kunde“ aber darüber im Klaren sein.
Nun sagen meine Anwälte: „Wir unterschreiben am liebsten unwirksame Nutzungsbedingungen.“ – sicher: In Deutschland ist Nutzungsbedingungen wie diese unwirksam, doch wer will Google daran hindern so zu verfahren?
Inzwischen warnt auch das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik
(BSI) vor Chrome.
Browser Wars – Next Generation
Für mich ist erstmal ärgerlich, dass es einen weiteren Browser gibt, der potentiell anders reagiert als ich es für eine Website vorgesehen habe. Zwar basiert Chrome auf WebKit – der Rendering-Engine, mit der auch Safari arbeitet – aber schon die JavaScript-Implementierung ist eine eigene und irgendwie werden sich da schon Probleme einschleichen. Das ist Murphy‘s Gesetz.
Und dann hat Chrome auch noch vom ersten Tag an einen Marktanteil von 1% – was sich natürlich nicht in 4 Monaten so fortsetzt, bis es 100% sind. Der Internet Explorer steht im Moment bei 70% und Firefox bei 20% – der Rest verteilt sich auf Safari, Konqueror, mobile Browser und so weiter. So wie sich aber bisher Angebote von Google durchgesetzt haben (Google Mail, Google Earth, …), hat Chrome eine echte Chance als Dritter das Spielfeld zu betreten.
Und sonst?
Was mich erstaunt hat, ist der Hype, der um dieses Programm entstanden ist. Das hatte ja fast iPhone-Ausmaße. Sogar in die Tagesschau hat es der Browser geschafft.
Übrigens: Man kann die besten Features von Chrome im Firefox mit Extensions nachrüsten.
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