„Wie gelingt eine datenbewusste Nutzung des Internet?“ war eine der Leitfragen der Podiumsdiskussion, bei der ich heute spontan als Diskutant eingesprungen bin. Eine an sich schon spannende Frage, der die Medienanstalt Hamburg-Schleswig-Holstein (MAHSH) nachgehen wollte, wenn da nicht auch noch der „Elefant im Raum“ gewesen wäre.
Die MAHSH hat legt in ihrer Arbeit eine Fokus auf die Medienkonpetenz bei Jugendlichen. Und so ging es unter der Überschrift „GIB DATA – BIG DATA“ auch vor allem darum, wie wir souverän mit unseren Daten umgehen können – wir wir zum Beispiel Facebook nutzen, ohne uns gleich ganz auszuliefern.
Das Panel war interessant geplant: zu den Diskutanten, der Bloggerin Julia Schönborn, dem CCC-Sprecher Jan Girlich, sollte eigentlich noch Datenschutzaktivist Malte Spitz kommen – der war allerdings aus gesundheitlichen Gründen verhindert und so durfte ich versuchen, die Lücke zu füllen. Dazu waren zwei Schülerinnen und ein Freiwilligendienstleistender dabei, die aus der Praxis erzählten und der charmante Moderator, Medien-Rechtsanwalt Stephan Dirks.
Und auch das Publikum konnte Fragen und Ideen einbringen. Und das klappte auch durchgehend sehr gut – nur an einem Punkt wurde zumindest ich aus dem Konzept gebracht: Ein Teilnehmer wies darauf hin, dass wir ja nun seit 2 Jahren wüssten, dass ohnehin alles von jedem von GCHQ und NSA gesammelt und ausgewertet wird. Der Elefant im Raum. Wir diskutierten darüber, wie man die Privatsphäre-Einstellungen korrekt setzt und die Cookies leert, damit Google und Facebook nicht alles mitkriegen und haben ignoriert, dass das kein echter Schutz ist – die, die alles über uns wissen wollen, erfahren das, was sie wollen.
Ich habe die ganze Zeit dann versucht, diese Tatsache in die Diskussion mit einzubeziehen, aber mir ist dazu nichts eingefallen. Die Dinge, über die wir diskutiert haben, sind alle nicht falsch. Es ist aber keine Lösung für die fremd-staatliche Totalüberwachung. Und ich befürchte, dass auch die CCC-Forderung nach einer Abschaffung unverschlüsselter Kommunikation nicht viel daran ändert: Die Metadaten fallen meist weiterhin an und auch die sind interessant.
Ist nun jede Überlegung zu einem souveränen Umgang mit dem Internet, wie ihn Julia Schönborn vertritt – ist jede Form der digitalen Selbstverteidigung, wie ihn der Chaos Computer Club vertritt – ist das alles sinnlos? Müssen wir uns überlegen, wie wir damit leben, dem Staat gegenüber nackt zu sein?
In den letzten Tagen habe ich mich ein wenig mit der Geschichte der Friedensbewegung befasst. Und in dieser Zeit, Anfang der 1980er, standen die Menschen zwischen den großen Machtblöcken und sahen sich mit der vielfachen, nuklearen Vernichtung bedroht und mit immer neuer Aufrüstung. Die Menschen haben da aber nicht gesagt: „Wir müssen mal darüber nachdenken, wie wir leben, wenn wir alle tot sind.“ Sie haben sich organisiert in kleinen, lokalen Friedensinitiativen. Sie haben sich Aktionen ausgedacht, ihre Kommunen zu „Atomwaffenfreien Zonen“ erklärt und sie sind zu hunderttausenden zu Demos gefahren. Und am Ende hat sich tatsächlich etwas bewegt. Das ging alles auch ohne Internet.
Das Kreativste, was die „Digitale Bewegung“ seit Snowdens Enthüllungen hervorgebracht hat, war die Klage des CCC gegen die Bundesregierung. Crypto-Parties können nur der Anfang sein. Wir müssen irgendwie dazu kommen, dass mehr Menschen aktiv werden.
Und dann ist natürlich das Engagement von Julia Schönborn und Jan Girlich nicht sinnlos. „Think globally, act locally“ Gewaltfreie Erziehung ist auch nicht erst dann sinnvoll, wenn der Weltfrieden herrscht.
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