Die öffentliche Verwaltung soll auf Freie Software umstellen, um unabhängiger von einzelnen Software-Anbietern zu werden. Wenn sie selbst Software entwickelt, sollte auch die als freie Software veröffentlicht werden. Es ist ein Missverständnis, dass es dabei nur um Quelltext und kostenlose Software geht.
Derzeit gibt es zwei Diskussionen rund um Freie Software in der Verwaltung: Die eine dreht sich um „Digitale Souveränität“, die andere um „Public Money? Public Code!“.
Digitale Souveränität
Unter dem Schlagwort „Digitale Souveränität“ wird darüber gesprochen, dass sich die öffentliche Verwaltung unabhängiger von den Geschäftsmodellen einiger weniger Konzerne machen muss. Microsoft zum Beispiel drängt seine Kunden immer mehr in die Cloud und in Abo-Modelle. Gleichzeitig forscht Microsoft immer mehr das Verhalten der Benutzer aus. Lässt sich die Verwaltung darauf ein, gibt sie wichtige Teile ihrer Infrastruktur aus der Hand.
Die Alternative dazu sind offene Standards und freie Software. Deswegen haben eine ganze Reihe Länder und der Bund im letzten Jahr eine Vereinbarung geschlossen, gemeinsam einen „souveränen Arbeitsplatz“ zu entwickeln:
„Einerseits sollen intensive und detaillierte Verhandlungen mit bestehenden IT-Anbietern geführt werden, um Schmerzpunkte gezielt zu reduzieren. Andererseits sollen alternative – insbesondere Open Source-basierte – IT-Lösungen identifiziert und entwickelt werden.“
Ein klares Bekenntnis zu Open-Source sieht anders aus. Aber immerhin.
„Public Money? Public Code!“
Die Free Software Foundation Europe will mit der Kampagne „Public Money? Public Code!“ erreichen, dass Software, die der Staat mit Steuergeldern entwickelt, der Öffentlichkeit frei zur Verfügung gestellt wird:
„Wir wollen rechtliche Grundlagen, die es erfordern, dass mit öffentlichen Geldern für öffentliche Verwaltungen entwickelte Software unter einer Freie-Software- und Open-Source Lizenz veröffentlicht wird. Wenn es sich um öffentliche Gelder handelt, sollte auch der Code öffentlich sein!“
Beispielsweise hat sich in München die Kooperation aus SPD und Bündnis 90/Die Grünen im Stadtrat dieses Motto zu eigen gemacht und die Verwaltung darauf verpflichtet. Das IT-Referat allerdings weiß offenbar wenig damit anzufangen und veröffentlicht den eigenen Code auf einer „Rumpelplattform“.
Wozu das Ganze?
Mir fällt derzeit kein einziges Projekt aus der deutschen Verwaltung ein, das vorbildlich mit Freier Software umgeht. Das liegt daran, dass die Organisationen noch nicht verstanden haben, worum es bei Freier Software wirklich geht. Es geht nicht darum, dass der Quelltext der Programme einsehbar ist. Dann wäre das wirklich nur ein Nerd-Projekt.
Open-Source ist Kultur
Open-Source-Software besteht nicht nur aus einer Datei-Ablage für den Quelltext. Es gehört dazu eine offene Community, bei der grundsätzlich alle mitmachen können – ob man programmieren kann oder nicht. Man kann Fehler und Probleme melden, Wünsche und Verbesserungsvorschläge einreichen oder gleich ganze Umsetzungen für Verbesserungen einbringen. Diejenigen, die sich um die Programmierung kümmern, nehmen die Nutzerinnen und Nutzer ernst und binden Sie ein.
Natürlich entscheidet am Ende das Kernteam, was wie gemacht wird. Aber man begegnet sich in der Open-Source-Community als Bürger:innen auf Augenhöhe. Man ist nicht als Konsument proprietärer Software dazu degradiert, das Produkt so hinzunehmen, wie es ist.
Es geht nicht nur um Software, die einfach nur ihren Zweck erfüllt. So wie der König, der sich wohlwollend um seine Untertanen kümmert. Es geht nicht um offenen Quelltext. Es geht um Teilhabe in einem demokratischen Staat und um die Demokratisierung der Verwaltung.
Diese Öffentlichkeit muss die Verwaltung bei „Public Money? Public Code!“-Projekte herstellen – am besten von Anfang an. Wenn sie Software aus bestehenden Projekten nutzt, muss sie sich dort einbringen. Community-Arbeit ist ein essenzieller Teil der Arbeit mit Open-Source. Ich habe nicht den Eindruck, dass das schon überall angekommen ist.
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