Mobilität

Selbstfahrende Autos bringen nicht zwingend die Verkehrswende

Kommentare

  1. Avatar von Niklas Hielscher

    Yep, Pro­ble­ma­tik ist aus mei­ner Sicht kor­rekt beschrie­ben. Wobei eben nach wie vor die Chan­ce besteht, auch was Gutes dar­aus zu machen, wenn recht­zei­tig regu­la­tiv ein­ge­grif­fen wird. Was das auto­no­me Fah­ren angeht, ist es längst nicht mehr die Fra­ge des „ob“, son­dern des „wann“ und des „wie“. Vor allem das „wie“ ist eine poli­ti­sche Frage.

    Man sieht ja jetzt schon unter­schied­li­che Ten­den­zen bei den ers­ten Pro­jek­ten beim Ride-Sha­ring (noch mit Fah­rern). Da hät­ten wir Moia (VW-Toch­ter) in Han­no­ver, wo eher der ÖPNV kan­ni­ba­li­siert wird, anstatt Auto­ver­kehr zu redu­zie­ren. Und da gibts in Ham­burg ioki (Bahn-Toch­ter), die mit ihren „Taxis“ in einem schlecht vom ÖPNV erschlos­se­nen Stadt­teil als Zubrin­ger­dienst (!) zur nächs­ten S‑Bahn-Sta­ti­on fah­ren. Wenn ich letz­te­res auf Kiel im Jahr 2035 mit auto­no­men Shut­tles und einer Stadt­bahn mit meh­re­ren Lini­en über­tra­ge, fin­de ich das nicht unbe­dingt ver­kehrt. Und auf den Pen­del­ver­kehr aus dem Umland über­tra­gen mög­li­cher­wei­se noch besser.

    Sicher ist eine gut aus­ge­bau­te Rad­in­fra­struk­tur a la Kopen­ha­gen noch bes­ser – aber der Gedan­ke, auch als Blin­der, Geh­be­hin­der­ter, Seni­or usw. zu jeder Jah­res­zeit bei fast jedem Wet­ter voll mobil zu sein ist eben auch gut. Viel­leicht heißt die Visi­on nicht „auto­freie Stadt“ son­dern kor­rek­ter­wei­se „Stadt ohne moto­ri­sier­ten Indi­vi­du­al­ver­kehr“ … aber das klingt sicher nicht so griffig 😉

  2. Avatar von Sabine
    Sabine

    Schon in den 1960er Jah­ren mach­te man sich in der bra­si­lia­ni­schen Stadt Curi­ti­ba Gedan­ken um ein inno­va­ti­ves Ver­kehrs­sys­tem, das dann in den 80ern zu einem moder­nen ÖPNV führ­te, der in der gan­zen Welt als Vor­bild die­nen könn­te. Jeden­falls las ich erst Mit­te der 90er davon, da war es längst berühmt – zumin­dest unter Stadt­pla­nern, Geo­gra­fen etc. 85% der Bevöl­ke­rung nutzt dort den öffent­li­chen Nahverkehr.
    Wir Deut­schen träu­men – statt von effek­ti­vem und umwelt­freund­li­chem ÖPNV – lie­ber wei­ter­hin vom schi­cken Ben­zi­ner, angeb­lich sau­be­rem Die­sel oder hip­pem Elek­tro­au­to, und um dem eins drauf­zu­set­zen: vom Selbst­fah­ren­den. Haupt­sa­che jedem seins. Das ist das Ergeb­nis lan­ger und inten­si­ver Lob­by­ar­beit. Ver­kau­fen, ver­kau­fen, ver­kau­fen. Ergeb­nis ist der tota­le Ver­kehrs­kol­laps. Inves­ti­ti­on in die Bahn? Im Gegen­teil. Ich könn­te k o t z e n, wenn ich im Stau ste­hen­de Pend­ler sehe, die man ohne Eile im Stadt­ver­kehr inter­view­en kann, die sich über Fahr­ver­bo­te ihrer Dreck­schleu­dern aufregen.

  3. Avatar von Jörn

    Eigent­lich könn­te man in einer Stadt wie Kiel eine radi­ka­le Über­pla­nung vie­ler Ver­kehrs­flä­chen andenken. Vie­le Stra­ßen sind so breit, dass man locker in der Mit­te noch ein Haus hin­stel­len oder Grün­an­la­gen schaf­fen könn­te. Pro Rich­tung je eine Fahr­spur für Fahr­rä­der und Kraft­fahr­zeu­ge, bau­lich von­ein­an­der getrennt, Park­rei­hen am Stra­ßen­rand ent­fal­len. Das gin­ge aber nur, wenn auf den ver­blei­ben­den Spu­ren mas­siv weni­ger Autos füh­ren. Das könn­ten etwa Bus­se, auto­no­me Taxen sein. (Der gan­ze hoheit­li­che Bereich von Poli­zei und Ret­tungs­dienst bleibt unbe­nom­men.) Das funk­tio­niert natür­lich nur, wenn weni­ger Autos im Pri­vat­be­sitz sind oder sie aus der Stadt ver­bannt wer­den. Sin­ga­pur pro­biert das seit eini­gen Jah­ren: Es gibt eine gesetz­lich fest­ge­leg­te Höchst­zahl von Autos in dem Stadt­staat, man kann nur ein neu­es Auto anmel­den, wenn ein ande­res abge­mel­det wird und die­se Anmel­dung ist auch noch absurd teu­er. Der Effekt, der dort ein­tritt, ist aller­dings, dass das Auto nur zu einem noch kras­se­ren Sta­tus­sym­bol gewor­den ist und dass es trotz­dem Staus gibt. Ich fürch­te also, dass selbst mit so radi­ka­len Mit­teln eine Ver­kehrs­wen­de selbst in einer der klei­ne­ren deut­schen Groß­städ­te nicht zu schaf­fen wäre.

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