Noch bevor die Digitale Woche Kiel offiziell eröffnet war, fand am Freitag das „BarCamp zur Digitalen Stadt“ statt. Für mich war das die Chance mal zu klären, was eigentlich eine Smart City sein soll.
An dem Begriff „Smart City“ kommt man zurzeit nicht vorbei. Dabei ist er weitestgehend positiv besetzt. Laut einer VDE-Studie könnten sich 64 Prozent der Befragten vorstellen, in einer Smart City zu leben – allerdings geben 84 Prozent zu, gar nicht zu wissen, was eine Smart City ist.

In seiner Begrüßung erklärte BarCamp-Gastgeber Christoph Bechtel, „Smart City“ sei schon so ausgelutscht, dass sie den Begriff im Titel des BarCamps vermieden haben. Trotzdem habe ich meine Selbsthilfe-Session angeboten: „Was ist eine Smart City?“
Nachhaltige Stadt auf digitalem Weg
Ich hatte mich vorher informiert – also in der Wikipedia nachgeschlagen, was dort unter „Smart City“ zu finden ist. Dabei ist mir aufgefallen, dass er erste Absatz die drei Aspekte von Nachhaltigkeit beschreibt: Smart-City-Konzepte sollen Städte effizienter, technologisch fortschrittlicher, grüner und sozial inklusiver zu gestalten. Sie sollten also ökonomisch rentabel, sozial gerecht und ökologisch vertretbar – also nachhaltig werden. Das soll auf technischem Weg erreicht werden. Ein Smart-City-Konzept ist also eine Nachhaltigkeits-Agenda mit stark technischem Fokus.
Diesen knappen Gedanken habe ich so einmal zur Diskussion gestellt. Einer der ersten Wortbeiträge der Teilnehmer meiner Session meinte, für ihn sei bisher eine Smart City eher eine, die digital gesteuert würde. Für mich ist das kein Widerspruch. Die Frage ist nun einmal: Wohin steuert man die Stadt.
Christoph Bechtel beschrieb eine Digitale Stadt als grünes Idyll, in dem es keine Autos mehr gibt und alle den gleichen Zugang zu Dienstleistungen des Staats haben. Das wäre so ein nachhaltiges Ziel und eine Utopie. Für Christoph seh ich die Gefahr nicht, aber man kommt damit in die Nähe der Transhumanisten, die an die Erlösung der Menschheit auf digitalem Weg glauben. Manch einer wirft ihnen deswegen vor, sie hätten das Christentum wiedererfunden.
Toronto oder Barcelona?

Die Frage ist, was man dafür tun muss, damit das alles so kommt. Ich befüchte, dass in Zukunft selbstfahrende Autos so billig werden könnten, dass sich alle eines leisten können. Immerhin sind die Motoren viel simpler. Und Autos, die kaum Unfälle haben, können viel leichter gebaut werden. Dann würden wir die Autos aus der Stadt nicht durch smarte, gemeinsam genutzte Transportmittel los. Sie würden dann die Stadt noch mehr verstopfen als heute. „Smart City“ ist deswegen in der Tat keine rein technische Frage, sondern eine politische.
Noch politischer ist die Frage, wie wir zur Smart City kommen. Gehen wir den Weg von Toronto und sagen Google: Bau uns mal einen neuen, smarten Stadtteil. Oder gehen wir den Weg von Barcelona und lassen Ideen und Umsetzung aus der Bürgergesellschaft erwachsen. Man muss sich also über das Ziel bewusst werden und den Weg wählen, den man dort hin gehen möchte.
In der Praxis ist das nicht schwierig, wenn man denn mal vorankommen will, hat dann Christoph Bechtel in seiner Session erklärt. Für eine süddeutsche Stadt hat er in den vergangenen Jahren an der Digitalisierung gearbeitet. Wenn man wirklich erst einmal eine Nachhaltigkeits-Agenda erarbeiten will, ist man damit Jahre beschäftigt, bevor man dann mit der Digitalisierung anfängt. Außerdem könnte gerade die Digitalisierung wertvolle Informationen ergeben – wenn man zum Beispiel ein flächendeckendes Netz aus Umweltsensoren hat.
Deswegen hat man in diesem Beispiel auch nur knapp einige interessante gesellschaftliche Bereiche identifiziert und dann ein praktisches Testprojekt gestartet. Christoph Bechtel nannte das angelehnt an den „Lean Start-up“-Ansatz: Man nähert sich dem Ziel in kleinen Schritten ohne schon gleich einen Masterplan zu haben.
Licht aus Bremen
In meiner dritten Session ging es um die Straßenbeleuchtung in Kiel. Die wird hier von den Stadtwerken Bremen gemacht. In diesem Bereich scheint noch eine Menge mehr möglich zu sein, als nur mit LEDs Strom zu sparen.
Allerdings habe ich gelernt, dass die orangene Beleuchtung von Zebrastreifen eigentlich schon ganz schön smart ist. Die wellenlänge des Lichts dort sorgt dafür, dass man zwar Farben nicht mehr so gut erkennt, aber die Kontraste besonders stark sind. So kann man Personen gut erkennen, egal was für Kleidung sie tragen. Vielleicht braucht man für „smart“ gar nicht immer einen Computer im Hintergrund.

Bitte weitermachen!
Leider war nach drei Sessions schon Schluss. Aber das BarCamp war insgesamt eine sehr gelungene Veranstaltung, bei der zwar mehr Jackets rumliefen als auf anderen BarCamps. Die Atmosphäre war trotzdem sehr angenehm – auch wenn alle immer zwischen „Du“ und „Sie“ rumeierten. Ich kann das verstehen. Die Gastgeber haben teilweise Geschäftskunden eingeladen, die sie normal siezen. Aber vielleicht kann man sich darauf einigen, dass man auf dem BarCamp duzt und draußen wieder siezt? Das Catering mit Klatschbrötchen und Candy-Bar war jedenfalls super – ja, es gab auch noch „richtige“ Schnittchen und Kaffee.
Ich habe gehört, dass das BarCamp im nächsten Jahr wieder stattfinden soll. Das fänd ich gut. Dann kennen mehr der Teilnehmerinnen und Teilnehmer das Format und wissen, dass sie ein Thema mitbringen sollten. Denn inhaltlich war es in diesem Jahr ein guter Aufschlag. Im nächsten Jahr muss das thematisch wachsen. Ich glaube, dass das Potential da ist. Mir hat es gefallen. Ich habe etwas gelernt. Ich habe mich wohl gefühlt. Danke an die Orga! Danke an die Sponsoren Geo Data, olfasense und Addix.
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