Wie wäre es, wenn tatsächlich alle Jugendlichen sich in die Politik ihrer Heimatstadt einbringen würden? Erik Flügge und Udo Wenzl haben dafür einen Vorschlag: „Der 8er-Rat“ ist ein Beteiligungsmodell für Jugendliche, bei dem alle mitmachen können.
Knapp 3,5% Wahlbeteiligung hatte die erste Wahl zum Jugendbeirat der Landeshauptstadt Kiel im letzten Jahr. Auf dieser Basis vertreten jetzt 17 Jugendliche zwei Jahre lang die rund 16.000 Kielerinnen und Kieler zwischen 12 und 19 Jahren. Sie haben Antragsrecht in der Ratsversammlung und den Fachausschüssen – eine ziemlich fortgeschrittene Form der Beteiligung, die auf ihre Art super ist. Allerdings erleben die meisten anderen Jugendlichen die Kommunalpolitik vermutlich gar nicht.
Alle müssen mit…
Erik Flügge und Udo Wenzl führen schon seit Jahren Jugendbeteiligungen durch. Doch auch zu ihren Veranstaltungen kamen zumeist die engagierten Jugendlichen, die ohnehin schon überall mitmachen. Sie haben sich deswegen ein Beteiligungsmodell überlegt, an dem kein Jugendlicher vorbei kommt.
Zum 8er-Rat werden alle Schülerinnen und Schüler der 8. Klassen einer Stadt eingebunden – aus allen Schularten. In Zusammenarbeit von Politik, Verwaltung, Schulen und außerschulischer Jugendarbeit arbeiten dabei zusammen. Erik Flügge und Udo Wenzl haben sich 8‑Klässler ausgesucht, weil sie gerade nicht mehr Kinder sind und noch nicht Erwachsene – ein guter Zeitpunkt, sich damit zu beschäftigen, wie die Welt funktioniert und das praktisch zu erfahren.
Bei der Eröffnungsveranstaltung kommen alle Schülerinnen und Schüler zusammen in einem großen Raum – der Stadthalle oder einer Turnhalle. Nach einigen Auflockerungsspielen sind die Jugendlichen nicht mehr nach Klassen und Schularten getrennt, sondern finden sich thematisch zusammen. Sie arbeiten Themen heraus, mit denen sie sich in den nächsten Monaten beschäftigen möchten. Die Themen bringen sie selbst ein. Bei weiteren Treffen und Konferenzen arbeiten sie an ihren Ideen. Am Ende präsentieren die Jugendlichen ihre Ergebnisse den Verantwortlichen aus Politik und Verwaltung.
Zu allen Veranstaltungen müssen alle 8‑Klässler kommen. Ob sie dann mitmachen, ist ihre Sache. Die Erfahrung scheint aber zu zeigen, dass die meisten Jugendlichen nach einiger Zeit tatsächlich mitmachen, weil sie ihr Thema finden.
Laut Gemeindeordnung sind die Städte und Gemeinden in Schleswig-Holstein zur Kinder- und Jugendbeteiligung verpflichtet. Ein Jugendbeirat ist sicher eine gute Form der Beteiligung, aber nicht das Ende dieses Themas. Mit dem 8er-Rat werden nicht nur Jugendliche an den Fragen beteiligt, die sie betreffen, sie nehmen auch die Kommunalpolitik als etwas wahr, bei dem sie aufgefordert sind, sich zu einzubringen – und dass das auch etwas bringt.
Das Büchlein „Der 8‑er Rat“ ist bei Springer Fachmedien erschienen und kostet 14,99€ – Einen detaillieren Trainingsleitfaden gibt es dafür nicht. Die Autoren beschreiben vielmehr die Ziele, den Prozess und erzählen von den Erfahrungen in drei verschiedenen Städten in Baden-Württemberg.
Ich finde die Idee total inspirierend. Ich hätte zugleich gerne als 8‑Klässler an so einem 8er-Rat teilgenommen und ich würde so etwas auch gerne mal als Trainer begleiten.
Schreibe einen Kommentar