„Hass ist gesellschaftsfähig geworden“, sagte der Soziologe Heinz Bude gestern dem Deutschlandfunk. Es gebe mittlerweile ein Milieu von Menschen, denen es objektiv sogar recht gut ginge, die sich aber trotzdem übergangen fühlten. Deren Neid verwandele sich in Hass auf Schwächere.
Als Beispiel für dieses „Verbitterungsmilieu“ nannte Heinz Bude einen 52-jährigen Ingenieur:
„Denken Sie beispielsweise an einen 52-jährigen Ingenieur aus einer Forschungs- und Entwicklungsabteilung eines Automobilzulieferers, der quasi von einem neuen 35-Jährigen gesagt kriegt, was er zu tun und zu lassen hat, und möglicherweise in eine andere Gruppe hinein gestellt wird. Das heißt, da geht es gar nicht darum, dass das Leute sind, die quasi auf dem sozialen Absturz sich befinden, sondern das Gefühl haben, mir passieren schlimme Dinge, von denen in der Öffentlichkeit keiner redet. Das sind auch Leute, die […] einen „Hals kriegen“, wenn sie hören, in Deutschland gehe es so gut, es würden so und so viele neue Arbeitsplätze geschaffen und wir hätten ein Produktionsmodell, was in Europa einzigartig sei. Alle die sagen, das stimmt doch alles nicht, das ist ein großer Lügendiskurs, das ist eine Wirklichkeitsverweigerung seitens der Medien, seitens der Politik, und dann machen die auch noch die Arme auf für Leute, die in unser Land kommen wollen und bei denen überhaupt nicht gefragt wird, haben die eine Berechtigung dazu, wollen die eigentlich uns nur ausnehmen, also fast so eine Art von existenziellem Neid, der sagt, über meine Situation redet kein Mensch, aber es werden die Arme aufgemacht für Leute, von denen wir überhaupt gar nicht wissen, was die eigentlich in unserem Lande vorhaben.“
Auf 10 Prozent der Bevölkerung beziffert der Soziologe diese Gruppe. Dieses Gefühl, zu kurz gekommen zu sein äußere sich dann im Hass auf das System – Da wären wir dann wieder bei den „Antipolitischen“.
Neben dieser Gruppe sieht Heinz Bude ein „Dienstleistungsproletariat“:
„Das sind die Leute, die Ihnen die Pakete nach Hause bringen. Die haben das Gefühl, dass in ihrer Leistungsfähigkeit einfach durch das, was sie an Geld bekommen, was sie an sozialer Anerkennung bekommen, ein großes Defizit existiert.“
Wenn diese zwei Gruppen sich verbündeten, würde es gefährlich – deren Anteil liege bei 25 Prozent. Dazu fehle es in Deutschland noch an einer entsprechenden Führer-Figur, die diese Gruppe vereinen könne. Und solange die Mehrheit der Bevölkerung optimistisch bleibe, würden sich diese Gruppen auch nicht heraus trauen.
Links
- Deutschlandfunk: „Hass ist gesellschaftsfähig geworden“
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