Edward Snowden hat sein gesamtes Leben, seine Familie und Freunde zurückgelassen, um zu veröffentlichen, in welchem Umfang die Überwachung inzwischen angenommen hat. Er ist einer der meistgesuchten Menschen auf der Welt und lebt jetzt auf unsicherer Basis in Moskau. Ein hoher Preis für die Wahrheit. Was jeder von uns in seinem Leben geändert hat, fragt Rouven Kasten in seiner Blogparade.
Ich lebe weiterhin in Kiel und habe Familie und Freunde in Reichweite. Ich werde nicht gesucht. Trotzdem stehe ich unter Überwachung. Alles was ich im Internet unverschlüsselt tu, wird gefiltert, durchsucht und abgeglichen mit statistisch normalem Verhalten. Alles was verschlüsselt ist, wird entweder über bekannte Sicherheitslücken oder eingebaute Schwachstellen entschlüsselt oder für die spätere Verwendung gespeichert.
Alles, von jedem, immer
Es ist gibt global gesehen eine große politische Allianz für immer weiter greifende Überwachung. Und leider ist es nicht nur staatliche Überwachung. Denn die staatlichen Stellen nutzen alle Datenquellen, zu denen sie Zugriff bekommen. Insofern sind auch alle privaten Dienste betroffen. All die Big-Data-Sammelstellen, die uns unsere Nutzungsdaten für bessere Konsumfunktionen abluchsen. All die Geräte, mit ihren Sensoren, mit ihren Ortungsfunktionen, Kameras und Mikrofonen sind potentiell Teil des Systems.
Die USA haben die Überwachung zu einer wahren Industrie aufgeblasen. Es ist schon allein deswegen unwahrscheinlich, dass die Überwachung zurückgefahren wird: Das würde tausende von Job kosten und Firmen ihres Geschäftsmodells berauben.
Daten sammeln doch alle
Mich ärgert immer wieder, wenn in der Diskussion das Argument vorgebracht wird: „Warum beschwerst Du Dich darüber, dass X so viele Daten sammelt, das machen doch alle.“ – Das konnte ich gerade wieder erleben, als es um die Nutzungsbedingungen von Windows 10 ging: „Warum haust Du so auf Microsoft? Google, Apple und all die anderen machen das doch auch.“ Oder neulich bei der Diskussion um die Vorratsdatenspeicherung. Immer wieder kam von Politikern der Satz: „Die Leute, die am lautesten gegen die Vorratsdatenspeicherung sind, sind bei Google & Co. vollkommen unkritisch.“
Das sind keine Argumente. Das sind Vorurteile. Ich hasse es, dass mich jede Taschenlampen-App durchleuchten will. Ich kritisiere jede Art von Datensammlung, die sich gegen die Freiheit der Menschen richtet – egal ob damit der Staat Landesverräter oder ein Unternehmen Konsumenten jagen will. Und ich kenne eine Menge Leute, die das ähnlich sehen. Die Menschen müssen die Kontrolle über ihr Leben behalten. Im Moment arbeiten Staat und Konzerne daran, die Menschen den Maschinen anzupassen. Ich glaube, Peter Sunde hat Recht: „Der Kampf um die digitale Freiheit ist längst verloren“ – Ich tu so, als wäre das nicht so.
Schreibe einen Kommentar