Abseits der persönlichen Freundschaftsblase weht ein rauer Wind – Das durfte gerade Til Schweiger erfahren. Der beliebte Schauspieler (Lindenstraße, Manta Manta) hatte es gewagt bei Facebook dazu aufzurufen, für ein Flüchtlingsprojekt zu spenden. Neben 23.000 Likes hat er dafür eine Menge Kritik geerntet, die größtenteils offen rassistisch war. Johnny Haeusler zeigte sich in seiner Wired-Kolumne daraufhin ratlos ob dieses Hasses. Ich habe zum Anlass genommen, das Thema auf dem WebMontag zu diskutieren.
Unerfreuliche Kommunikation ist keine digitale Spezialität. Die Menschen waren früher sicher nicht netter zueinander, als Fremde noch Gastarbeiter, die Frau noch man Herd und Homosexualität noch verboten war.
So lange ich online bin, beobachte ich kommunikativen Ausfälle. Früher hieß das „Flaming“ – das stand schon 1983 im Hacker’s Dictionary. Das Heise Forum ist seit Mitte der 1990er Jahre quasi Synonym für diese Art Umgang. 2010 hat Sascha Lobo über seine Shitstorm-Erfahrungen auf der re:publica gesprochen.
Ich meine aber auch, dass die Bandbreite des Hasses größer geworden ist. Das mag daran liegen, dass mehr Menschen online sind und es mit Facebook einfach geworden ist, seine Meinung kundzutun. Aber zum einen scheinen die Hasskampagnen gegen einzelne Personen – oft Frauen – neuer zu sein. Zum anderen scheint die Parteigründung von Professor Lucke den rassistischen Sprachschatz wieder salonfähig gemacht zu haben.
Für diese beiden Felder gibt es schon eine Menge Überlegungen: Mina hat darüber neulich darüber gebloggt, was es schon alles gibt im Zusammenhang mit Hasskampagnen. Am Ende des Artikel sind viele Lesetipps. Zum Umgang mit Nazi-Kommentaren können Initiativen gegen Rechtsradikalismus helfen. Die haben da seit Langem Erfahrungen gesammelt.
Meinungsfreiheit ist nicht das Recht ein Arschloch zu sein
Ich vermute, Johnny Haeusler ist auch jemand, der großen Wert auf Meinungsfreiheit legt. Das sind ja viele aus der „Netzcommunity“ oder der Rock-Musik. Mir ging es auch so, dass ich davor zurück geschreckt habe, die Facebook-Seiten allzu restriktiv zu moderieren, für die ich zuständig bin. Man will sich ja keine Zensur vorwerfen lassen.
Wenn aber Leute mit ihrer Aggression dafür sorgen, dass andere Leute sich gar nicht erst zu Wort melden, dann wird klar: Die Freiheit des Einen muss da enden wo die Freiheit des Anderen beginnt. Sprich: Man muss wesentlich weniger dulden, als ich früher angenommen habe. Dazu möchte ich noch einmal auf das Buch von Ingrid Brodnig hinweisen. Da werden viele der Hintergründe gut erklärt.
Es ist wichtig, dass sich alle, die in irgendeiner Art eine Community betreiben, mit diesem Thema auseinandersetzen. Dazu sollte man sich externes Fachwissen dazu holen. In Schleswig-Holstein gibt es zum Beispiel das Beratungsnetzwerkes gegen Rechtsextremismus. Die werden genau dafür vom Land bezahlt.
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