Ältere Herren mit streng zurückgekämmten Haaren und klobigen Brillen. Über allem hängt der Dunst von Zigaretten. Bier steht auf den Tischen – ich blättere durch alte Schwarz/Weiß-Fotos. Es sind Fotos, die mir ein Bekannter geschenkt hat.
In meiner Freizeit beschäftige ich mich mit der Geschichte Schleswig-Holsteins. Was ich herausfinde, veröffentliche ich im Internet. Die Schwarz/Weiß-Fotos zum Beispiel sind von SPD-Parteiveranstaltungen aus den 1970er Jahren.
Die Fotos sind großartig – aber leider kann ich mit ihnen nichts anfangen. Ich kann sie nicht im Internet veröffentlichen, weil ich nicht weiß, wer sie gemacht hat. Während ich aus Büchern, Zeitungen und Zeitschriften zitieren kann, um Geschichte zu erklären, kann ich das bei Fotos nicht. Dazu benötige ich die Erlaubnis des Urhebers, die kann ich nicht bekommen. Solche Werke gelten als „verwaist“.
Ich bin kein Jurist und ich ärgere mich darüber, dass das so schwierig ist. Sicher soll jeder Fotograf Rechte an seinem Foto haben. Wer Fotograf ist, muss von seiner Arbeit leben können. Diese Fotos aber wurden vor 40 Jahren aufgenommen. Sehr wahrscheinlich hat mit ihnen niemals jemand Geld verdient. Es könnten Privataufnahmen gewesen sein. Sicher weiß ich das nicht. Für private Fotografen gelten die selben Regeln wie für Profi-Fotografen – für brandneue Bilder die selben wie für steinalte.
Vor 100 Jahren, als Fotos noch eine Rarität waren, galt der Schutz nur zehn Jahre nach Veröffentlichung des Bildes. Seither ist die Schutzfrist immer wieder ausgeweitet worden. Heute sind Fotos allgegenwärtig und die Rechte an jedem meiner Selfies behalte ich 50 Jahre. Ist das sinnvoll? Die Europäische Union gibt sich gerade neue Regel für das Urheberrecht und ich hoffe, dass der Umgang mit Fotos einfacher wird. Wir alle würden profitieren, wenn wir diese historischen Bilderschätze heben und zugänglich machen dürften.
Dieser Artikel ist zuerst bei shz.de erschienen.
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