Web-Hosting : Komm, wir gründen eine Kooperative!

Eine Kooperative, die verschiedene Web-Applikationen zur Verfügung stellt – das war Svens Idee auf dem gestrigen WebMontag in Kiel. Jeder hat seinen eigenen Webspace. Jeder betreibt ein Blogsystem. Viele haben weitere Tools wie WebMailer, URL-Shortener, Wikis usw. Und jeder muss sich selbst um die Pflege kümmern. Warum nicht einfach die gleichen Tools gemeinsam nutzen?
Neben meinem Blog hier, betreibe ich noch
- einen URL-Shortener,
- eine Bookmarksammlung,
- einen RSS-Reader,
- einen WebMailer,
- einen OpenID-Server,
- eine Fotosammlung,
- ein Wiki,
- und eine Online-Dateiverwaltung.
Vielleicht hab ich noch etwas vergessen. Tatsache ist aber, dass die meisten dieser Tools auch von mehreren genutzt werden könnten. Man könnte sich die Arbeit teilen.
Webservices per Genossenschaft
Mich hatte das schon vor zwei Jahren auf die Idee gebracht, so ein Angebot kooperativ zu erstellen. Allerdings eine Nummer größer und kommerziell – als Genossenschaft. Der Gedanke dahinter war: um das nötige Vertrauen zu schaffen, müsste die Unternehmung für die Kunden so transparent wie möglich sein. In einer Genossenschaft sind die Kunden am Unternehmen beteiligt. So wären die Kunden selbst Teil des Unternehmens und sie könnten selbst Einblick in die Arbeitsweise nehmen.
Da durchweg mit Open Source Software gearbeitet werden sollte, könnten interessierte Kunde jederzeit selbst die verwendete Software überprüfen. Bei der Benutzung der verschiedenen Dienste sollen nur die Daten erhoben werden, die zur Aufrechterhaltung des Services nötig sind. Darüberhinaus bieten sich natürlich die üblichen Zertifizierungen für die Einhaltung der Standards zur Qualitätssicherung an oder Auszeichnungen wie Datenschutzsiegeln.
Genossenschaften gelten als solide, seriös und bodenständig. Die Zahlen untermauern das positive Image: Die Insolvenzquote liegt bei unter einem Prozent. Eine Genossenschaft hat den Vorteil, dass sie von den Mitgliedern zur Not auch unwirtschaftlich weiter betrieben werden kann: Sollte also nach einiger Zeit der wirtschaftliche Erfolg ausbleiben, könnten die Mitglieder der Genossenschaft die bereits eingerichteten Dienste aus eigener Tasche weiter betreiben. Wer sich in die Genossenschaft einbringt, müsste also nicht befürchte, mit einer Insolvenz des Dienst-Anbieters auch seine Software zu verlieren.
Es gibt auch schon im IT-Bereich verschiedene Genossenschaften: Eine bekannte Genossenschaft der IT-Branche ist die DATEV eG – Dienstleister für 38.000 Steuerberater, Wirtschaftsprüfer und Anwälte. Bei der Hostsharing eG kann man ein genossenschaftliches Hostingangebot nutzen. Und es genossenschaftliche Zusammenschlüsse von IT-Experten wie zum Beispiel Jariva.
Starten wir eine Nummer kleiner
Wir sollten das Pferd aber nicht von hinten aufzäumen und ein paar Nummern kleiner anfangen. Das Schöne ist doch, dass man sich stufenweise zusammentun kann.
Zunächst kann man sich einen oder zwei Server teilen, auf denen man verschiedene Dienste laufen lässt. Die kann man noch einfach anmieten. Vielleicht direkt bei HostSharing. Dann geht es schon in die richtige Richtung. Dazu kann man zum Beispiel einfach dem „Verein für Neue Medien e.V.“ beitreten oder dem „Toppoint e.V.“, um eine solide und demokratische Rechtsform zu haben.
Und dann kann man das Angebot nach und nach ausweiten – so wie sich Teilnehmer finden. Man kann später eigene Hardware kaufen und unterstellen. Und ganz zum Schluss ein eigenes Rechenzentrum einrichten und reich und berühmt werden.
Und man könnte auch schauen, ob die Hostsharing eG vielleicht Interesse an neuen Mitglieder und so einem Serviceangebot hat.
Foto: Some rights reserved by tonyhall
Update 29.1.2012
Hier ist das Planungspad: https://pad.tumelum.de/p/internetkooperative
Kommentare
Hallo, Kooperativen klingt gut. Leider sind Genossenschaft in Deutschland höchstrestriktiv und teuer. Die einfachste Möglichkeit ist der n.e.V. (also nicht-eingetragener Verein)
17. Januar 2012 um 23:07 UhrOder man kann Kooperativen auch gewerblich als GbR betreiben (was wir bei BioGaarden machen als Bio-Mitgliederladen wollen).
Ich finde das prinzipiell gut, stelle mir aber die Frage, ob es wirklich eine eigene Serverfarm sein sollte.
18. Januar 2012 um 9:46 UhrZum einen hätte das sehr viel mit Kapitaleinsatz zu tun. Das muss man erst mal haben, refinanzieren und werterhaltend nutzen.
Deshalb käme für mich dann auch nur eine Rechtsform in Frage, die die Haftung der Mitglieder begrenzt.
– Der e.V. hat kein wirtschaftliche Verein zu sein (§ 21 BGB), fällt also weg.
– Die GbR haftet gesamtschuldnerisch – da kann es dann auch gleich eine OHG sein – fällt also aus.
– Eine eG ist nicht billig (Thilo wies schon auf die Kosten hin), da sie geprüft werden muss (durch einen Prüfungsverband oder so was ähnliches, so genau kenne ich mich da nicht aus).
Dann wäre da die technische Geschichte. So ein Server will ja auch stets sicher administriert sein, muss also permanent aktuell gehalten werden. Das kostet immens viel Zeit, die m.E. besser auf der Applikationsebene genutzt werden könnte.
Überhaupt wäre es m.E. aus Sicht der Publikumsorientierung zielführender, die Technik im Hintergrund laufen zu haben. Denn Vereine, Verbände, Initiativen. Menschen locken wir schwerlich mit hübschen Serverracks sondern eher mit einem “out-of-the-box“, das die von uns politisch gewollten open-source-Lösungen oder selbstverwalteten dezentralen Anwendungen feil hält.
Ein Einkaufen in die von Steffen genannte eG könnte diese Probleme lösen.
Finde ich sehr spannend.
18. Januar 2012 um 10:13 UhrWas das Juristische angeht, da bin ich ziemlich unbeleckt und keine große Hilfe, lasse mich auf die Thematik also auch lieber gar nicht erst ein.
Auf technischer Seite kann ich ein RZ in Kiel anbieten, dessen Betreiber ich (als dessen Angestellter) nahezu bedingungslos vertraue.
Auch habe ich selbst Erfahrung mit dem Aufsetzen/Betreiben von Webservern.
Außerdem bin ich schon länger auf der Suche nach einem sinnvollen „IT-Hobby“, also einer Sache, die ich nicht nur für mich zusammenschustere und die dann niemanden interessiert. 🙂
Also, Steffen, wenn du Ernst machen willst, sag gerne Bescheid.
Wir sind gerade am Gründen einer Genossenschaft (keine für die hier angesprochenen Dienste, sondern was ganz anderes). Gründungskosten über 1.500 EUR.
21. Januar 2012 um 18:17 UhrIch glaube, dass für die angesprochenen Ziele das ne Hausnummer zu hoch ist. Verein (egal ob eingetragen oder nicht – ein e.V. hat mehr Rechte) klingt hier sinnvoller.
Es gibt mittlerweile ein Planungs-Pad: https://pad.tumelum.de/p/internetkooperative
22. Januar 2012 um 22:14 UhrBin ich der einzige, bei dem der Link nicht funktioniert?
23. Januar 2012 um 7:40 UhrDieser Link funktioniert bei mir https://pad.tumelum.de/p/internetkooperative
23. Januar 2012 um 9:39 UhrAlternative: Folge oben im Artikel dem verlinkten Wort Sven. Er verweist in dem Artikel, den Du dann findest, zum Schluß auf das Dokument.
Da ich jetzt erst weitere Kommentare lese: Swen schrieb: „Die GbR haftet gesamtschuldnerisch—da kann es dann auch gleich eine OHG sein—fällt also aus.„Irgendeine Haftung brauchst Du ja. Die Alternative zu gesamtschuldnerisch ist: 1. Einer haftet für alle anderen 2. Die Gesellschaft haftet (GmbH, UG)Möglich ist auch ein nicht-eingetragener Verein. Der braucht nur 3 Mitglieder, Satzung kann aber muss man nicht haben. Denke aber auch ein e.V. geht. e.V. heisst ja nicht, dass der kein Geld einnehmen und ausgeben darf. Es geht ja nur drum Ressourcen zu teilen. Wie weit ist denn die Idee? Eingeschlafen?
6. Januar 2013 um 9:13 UhrOhne Haftung kommt man nie aus. Zur Recht. 😉
6. Januar 2013 um 14:38 UhrJa, die Sache ist zur Zeit ein wenig eingeschlafen. Ich würde vorschlagen, dass wir mal jemanden von https://www.hostsharing.net/ zum WebMontag einladen.
Eine coole Idee, wobei ich einen Verein dafür sinnvoller finde.
12. März 2013 um 21:17 UhrIch habe mir auch schon mal überlegt, meine Owncloud (mit Limits), mein Tiny Tiny RSS etc. einfach öffentlich für alle zugänglich zu machen. Leider macht mir da das Recht große Sorgen. Was, wenn jemand über meine Seite Feeds von illegalem Zeugs abonniert? Oder WArez (oder noch schlimmeres?) über meine OwnCloud-Instanz verteilen will? Solche Probleme hätte auch ein Verein oder eine eG.
Lebt die Idee eigentlich noch? 🙂
Ideen sterben nicht. Sie landen nur in der Schublade. 😀
12. März 2013 um 22:06 UhrWenn sich jemand findet, der da mehr Zeit investieren will: Bin dann dabei.
Aber wie gesagt: https://www.hostsharing.net/ gibt es schon.
Hallo alle zusammen,
24. September 2013 um 10:34 UhrIch bereite für meine Firmenhomepage gerade meinen Umzug von Strato zu Hostsharing vor, da ich selbstverwaltete IT-Strukturen unterstützen und nutzen will.
Was ich bei Hostsharing (noch) vermisse, sind Angebote (für Nicht IT-ler) Webapplikation möglichst einfach zu installieren und zu nutzen.
Im Grunde genommen genau dass, was hier im Block diskutiert wird. Statt über die Gründung einer eigenen Organisation (Genossenschaft, Verein, GbR…) zu diskutieren, gäbe es die Möglichkeit einfach Genosse bei Hostsharing zu werden, und die vorhandene Infrastruktur (Server, Genossenschaft, Buchhaltung etc.) zu nutzen um die hier skizzierten Ideen umzusetzen.
Gruß
Jan-Peter
Hallo, ich bin spät dran, will aber nur kurz was zu den Kosten des Prüfungsverbands sagen. Die sind nicht so hoch, wie man denkt. In Hamburg lagen die Kosten vor ein paar Jahren bei ca. 400–600 EUR im Jahr. Dafür kommt dann sogar zur Hauptversammlung jemand und man hat immer jemanden, der einen berät. Da sind die paar hundert Euro eigentlich gut investiert. Ich hatte jedenfalls nie den Eindruck, keinen guten Handel gemacht zu haben (mal abgesehen davon, dass die Mitgliedschaft Pflicht ist). Problematischer ist es jemanden zu finden, der günstig die Buchhaltung macht.
29. Oktober 2015 um 21:50 UhrGrüße
Karl
Vielleicht solltest du mal den Link zum Planungspfad offline nehmen. Scheint ja nicht mehr so ganz aktuell zu sein, und offenbar hat da jemand etwas verunstaltet.
23. April 2017 um 23:54 UhrIst eigentlich etwas aus der Idee geworden?
GU
4. Februar 2018 um 17:37 Uhr