Tim Schlotfeldt schreibt in seinem Blog über Moral und Netzneutralität im Zusammenhang mit den Plänen, die in Großbritannien bekannt wurden: Schon seit geraumer Zeit diskutierte die konservative Regierung, die Provider dazu zu zwingen, pornografische Inhalte zu sperren und nur auf Antrag der Kunden weiterzuleiten. Die vier größten Provider der Insel lassen sich nun wohl auf diese Pläne ein, wie der Guardian berichtet.
Zum Einen kritisiert Tim die Tatsache, dass „legale Inhalte“ […] „im Mutterland der Demokratie dann jetzt also standardmäßig erstmal weggefiltert“ würden.
Man darf allerdings nicht vergessen, dass es auch in Deutschland rechtliche Beschränkungen für die Verbreitung von Pornografie gibt, deren Aufhebung für das Internet das Verfassungsgericht 2005 abgelehnt hat.
Solange das so ist, müssen Videotheken abgetrennte Räume für Pornos anbieten. Und wenn das so ist, klingt die Analogie, wie sie in Großbritannien umgesetzt wird, auch nicht so weit hergeholt. Da sind wir dann wieder bei dem Thema „Netzsperren“ – die man in diesem Fall allerdings selbst abschalten lassen kann. Und genau, wie bei den deutschen Netzsperren, ahnt man nun auch in England, dass das ein Schuss in den Ofen wird.
Und ich denke völlig zu Recht stellt Tim die Frage nach der Netzneutralität: Die Freischaltung der Pornografie wird sicher mit einer Verwaltungsgebühr belegt sein. Und vermutlich muss man die Freischaltung alle 12 Monate wieder bestätigen, so dass man am Ende für Pornografie beim Provider extra bezahlt. Und wer auf diese Sachen dann noch schneller zugreifen will, kann sogar noch einmal extra bezahlen für den priorisierten Zugang.
Was also tun, wenn sich Offline-Recht nicht ohne Kollateralschäden auf das Internet übertragen lässt? Pornografie war in Deutschland bis in die 1970er komplett verboten… Das hat sich geändert, ohne dass die Gesellschaft wesentlich verroht wurden. Und wenn man den Kindern heute vernünftige Alternativen bietet, sitzen die sicher auch nicht den ganzen Tag vorm Internet, um Pornos zu gucken. Der Zugang zum elterlichen Rechner lässt sich sogar wesentlich besser regulieren, als der Offline-Weg zur Pornosammlung.
Nur: Dem Verfassungsgericht hat das offenbar 2005 nicht gereicht. Es ist immer wieder die gleiche Frage nach der Durchsetzung von nationalem Recht im Internet. Und die Frage, ob wir überhaupt noch eigene, deutsche oder europäische gesellschaftliche Standards durchsetzen können, wenn wir wollen, dass das Internet in der Art erhalten bleibt, wie es zur Zeit ist. Und letztlich: Welche Standards hat das Internet eigentlich?
Links
- via Tim Schlotfeldt: Moral und Netzneutralität
- Guardian: Biggest four UK ISPs switching to ‚opt-in’ system for pornography
- Guardian: Why a Great British Firewall will be useless
Bild: Hab ich im Internet abgemalt
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