Das World Wide Web ist in kürzester Zeit groß geworden, weil es ein besonders freies Medium ist: Es war keine Firma, die Einlass nur gegen Endgeld oder den Erwerb lizenzpflichtiger Hard- und Software gewährte oder eine staatliche Stelle, die den Zugang gesetzlich reglementiert hat (Im Gegensatz zu BTX zum Beispiel, welches gleich beide Probleme auf einmal hatte). Das Web ist gewachsen bevor Kommerzialisierung und Reglementierung griffen: Jeder konnte sich dank offener Standards für wenig Geld eine Server ans Internet hängen und loslegen. Was können wir für die Zukunft aus diesem Erfolgsmodell lernen?
Auf einer offenen Infrastruktur aus Web- und Mailservern, die alle frei untereinander kommunizieren können, hat sich eine Vielzahl abgeschlossener Dienste breit gemacht: In sogenannten „Walled-Gardens“ ist es Mitgliedern nur möglich mit anderen Mitglieder zu kommunizieren – und so ist es inzwischen so, dass manche Menschen gar nicht mehr per universell verfügbarer Mail und nur noch per interner Nachricht im StudiVZ oder per ICQ-Chat zu erreichen sind.
Jeder Anbieter hat sein eigenes System, das kaum bis keine Schnittstellen zum Rest des Internets bietet und sammelt fleißig die Daten seiner Kunden. Über diese Daten können die Kunden nicht verfügen und sie nicht einfach auf anderen Websites wiederverwenden.
Nach und nach öffnen sich die „Walled-Gardens“ und per API können Daten ausgelesen, weiterverwendet und mit anderen „ver-masht“ werden. Zunächst hat jeder Anbieter seine eigene API und es gibt keinen Standard-Weg Benutzerdaten auszulesen. Mit OpenSocial versucht Google seit einiger Zeit einen solchen Standard zu etablieren und einige größere Anbieter ermöglichen mittlerweile die Verwendung von OpenSocial Widgets.
Konvergenz & Selbstbestimmung
Das Problem ist aber, dass das immer noch an dem Prinzip des Internets vorbei geht: Eigentlich müsste es viel einfacher sein, über die eigenen Daten zu verfügen. Ich müsste komplett meine Daten dort speichern, wo ich es will – sei es auf einem eigenen Server oder beim Anbieter meines Vertrauens. Und diese Daten stelle ich dann nach Art und Umfang zur Verfügung, wenn ich mich im StudiVZ, im Meceredes-Forum oder in den Kommentaren bei Spiegel Online beteiligen will.
Es gibt bereits einige Dienste dieser Art:
OpenID
OpenID ist die Spezifikation eines zentralen Logins:
- Der OpenID-Provider ermöglicht es, dass ich mir dort einen Account anlege.
- Die Website erlaubt den Login per OpenID.
Ich werde also zum Beispiel von upcoming.org zwecks Login an meinen OpenID-Provider weitergeleitet. Dort logge ich mich ein und der Provider meldet dann zurück, dass ich jetzt eingeloggt bin. Ich kann mir also sparen, überall neue Accounts mit neuen Login-Namen und Passworten anzulegen. Wenn ich keinem Anbieter vertraue, kann ich sogar selbst einen OpenID-Server installieren und mich darüber einloggen. (Nicht verstanden? OpenID According to Dave)
Laconica
Laconica wird landläufig als „Twitter-Clone“ bezeichnet. Es ist aber vor allem die Implementierung einer offenen Micorblogging-Spezifikation. Jeder kann quasi seinen seinen eigenen Twitter-Clone-Server eröffnen und ihn mit den anderen Servern sprechen lassen (oder auch nicht – zum Beispiel für unternehmens-interne Kommunikation).
Jabber
Mit dem XMP-Protokoll steht eine Spezifikation zur Verfügung auf der jeder Instant Messaging-Server und Clients entwicklen und ins Internet hängen kann, die dann untereinander kommunizieren.
Yahoo FireEagle
Yahoo‘s FireEagle Datenbank ermöglicht
das zentrale Speichern meiner Position – also die Orte an denen ich mich befinden. Diese Informationen kann ich anderen Diensten verfügbar machen, indem ich jeweils zuteile, ob dauerhaft oder einmalig abgefragt werden darf. Dazu kann ich bestimmen, wie genau (Staat, Stadt, Straße) die Information sein soll. Und wenn ich nicht mehr will, kann ich einem Dienst den Zugriff auch wieder entziehen.
Leider ist FireEagle keine Spezifikation. Es kann also im Gegensatz zu OpenID nicht jeder eine FireEagle Datenbank installieren. Und da zeigt sich auch schon ein Kennzeichen zukünftiger Lösungen:
Die Probleme des Internets lassen sich nur auf Protokoll-Ebene lösen.
Es muss jedem möglich sein, eine eigene Software zu schreiben und die auf einem eigenen Server zu betreiben. Nur so kann das volle Potential des Internets ausgeschöpft werden: Ich weiß, welche Daten erhoben werden und ich weiß, wem ich sie zur Verfügung stelle.
autonomo.us beschäftigt sich ausschließlich mit diesen Herausforderungen, und hat mit dem „Franklin Street Statement on Freedom and Network Services“ eine wichtige Leitlinie für zukünftige Entwicklungen geschaffen.
Schreibe einen Kommentar