Was würdest Du tun, wenn Du morgens aufwachst und der einzige Mensch auf der Welt bist? Genau so ergeht es nämlich Anton L. in Herbert Rosendorfers „Großes Solo für Anton“ (1976) – und so ähnlich geht es auch Will Smith in „I Am Legend“. Das ist aber auch die einzige Parallele. Anton L. ist schon ein merkwürdiger Mensch: er wäscht sich zwar regelmäßig aber nur alle paar Monate, dafür ausgibigst. Den Umgang mit Menschen erleichtert das nicht unbedingt. In seiner Welt ist er aber nicht die einzige komische Gestalt – die Kollegen, der Vermieter, die Ex-Freundin sind alle zwar gesellschaftstauglicher aber doch schon sehr verschroben. Und eines Tages sind alle auf einmal weg.
Will Smith spielt in „I Am legend“ den Wissenschaftler Schrägstrich Soldaten Robert Neville, der als einziger in Manhattan den Ausbruch eines Virus überlebt, der 90% der Menschen tötet und 9.8% in nachtaktive Zombies verwandelt. Er ist auch alleine. Natürlich geht der brave Soldat ganz anders mit der Situation um: Er versucht in einem oberflächlichen Action-Schinken ein Mittel zur Heilung der Zombies zu finden, verzweifelt, findet dann doch einen Weg und plötzlich gibt es doch noch eine weibliche Nebenrolle und sogar ein Happy-End: Die Menschheit darf weiterleben. Wer hätte das gedacht?
Obwohl es keine Erklärung für das Verschwinden der Menschen bei Rosendorfer gibt – es ist vielmehr eine Gedankenspielerei – gelingt es ihm wesentlich besser das Alleine-sein und den fortschreitenden Verfall der Welt zu beschreiben. Anton macht sich nicht auf die Suche nach anderen „Überlebenden“, weil einfach niemand gestorben ist. Die Menschen sind weg und das weiß der Protagonist wie der Leser. Deswegen kann es auch kein Happy-End geben.
Stattdessen wir Anton L. auf die Suche nach defintiv nicht mehr existierenden Menschen geschickt – und deren Spur führt zu ihm selbst. Nachdem Rosendorfer einige Jahre mit seinem Anti-Helden herumgespielt hat, gibt es eine Auflösung, die diesem Gedankenexperiment angemessen ist.
Ich habe selten ein Buch gelesen, in dem man den Protagonisten und seine Welt so physisch gespürt hat, wie bei „Großes Solo für Anton“. Man kann Anton förmlich riechen, wenn er sind seinen monatelang getragegen Klamotten anfängt in der Frühlingssonne zu schwitzen. Und dann ist es auch noch witzig! „I Am Legend“ dagegen verspielt das Kapital, und hinterlässt nur den Geschmack von Bier und Popcorn. God bless America!
Links:
„Großes Solo für Anton“, Buch
„I Am Legend, DVD
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